Das Wichtigste in Kürze:
- Die Flüchtlingsroute übers Mittelmeer ist für Frauen und Kinder ein erschreckendes Martyrium, wie Unicef schreibt.
- Die Mehrheit von ihnen ist demnach mit Gewalt und sexuellem Missbrauch konfrontiert.
- Insbesondere unbegleitete Kinder seien stark gefährdet, sagt Unicef-Mediensprecherin Charlotte Schweizer.
Drei Viertel aller Kinder, welche auf der Mittelmeer-Route von Afrika nach Europa gekommen sind, sind zumindest einmal mit Gewalt konfrontiert gewesen. Ausserdem berichte die Hälfte aller Frauen und Kinder von sexuellem Missbrauch. Das schreibt das UNO-Kinderhilfswerk Unicef. Für den Bericht befragte die Organisation zahlreiche betroffene Frauen und Kinder in Libyen.
Schlepper als Täter
«Insbesondere unbegleitete Kinder sind einem grösseren Risiko ausgesetzt, Opfer von Gewalt oder sexueller Ausbeutung zu werden», sagt Unicef-Mediensprecherin Charlotte Schweizer. Täter könnten Schlepper oder andere Erwachsene Männer sein. Die befragten Kinder berichteten aber auch von «uniformierten Personen» wie etwa Milizen, welche ihnen Gewalt angetan hätten.
Die Kinder und Frauen hätten auch davon erzählt, vor allem in Libyen in Immigrationszentren inhaftiert worden zu sein. Dort seien sie oftmals von ihren Mitreisenden getrennt worden und so auf sich allein gestellt gewesen, sagt Schweizer. Damit steige die Gefahr, Opfer von Gewalt und Missbrauch zu werden.
Viele Flüchtlinge hätten zudem berichtet, dass Schlepper nach der ersten Zahlung wieder Geld verlangt hätten. Das erhöhe die Gefahr, Opfer von Missbrauch, Entführung oder Menschenhandel zu werden. Einige hätten sogar von mehrmaligem sexuellem Missbrauch an verschiedenen Orten erzählt, so Unicef.
Zehntausende Frauen und Kinder
In den Gesprächen berichteten die Frauen und Kinder auch über raue und überfüllte Bedingungen in den Aufnahmezentren sowie Engpässe bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln. Auch adäquate Unterkünfte hätten oftmals gefehlt.
Offiziell befanden sich unter den 260'000 Flüchtlingen in Libyen 30'803 Frauen und 23'102 Kinder, die Dunkelziffer sei aber wohl dreimal so hoch, so Unicef.
Unicef fordert besseren Schutz
Das UNO-Kinderhilfswerk fordert, dass Kinder vor Gewalt und Ausbeutung geschützt werden und die Inhaftierung von Kindern aufgrund des Aufenthaltsstatus' beendet wird. Ihnen müsse Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung verschafft werden. Neben einer Bekämpfung der Fluchtursachen seien auch Massnahmen gegen Fremdenfeindlichkeit in den Transit- und Zielländern erforderlich.