Die Fussballweltmeisterschaft der Frauen beginnt heute Abend um 21 Uhr mit dem Eröffnungsspiel Frankreich gegen Südkorea. Ronny Blaschke versucht zu erklären, wie es zu der ungleichen Bezahlung von Spitzenfussballerinnen und -fussballern kommt und was Clubs dagegen unternehmen.
SRF News: Was sind die Gründe für die enormen Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen im Fussball?
Ronny Blaschke: In den Ländern des Frauenfussballs ist es oftmals so, dass der Frauenfussball zumindest im Ligabetrieb kaum im Fernsehen zu sehen ist. Und wenn er nicht im Fernsehen zu sehen ist, gibt es keine Sponsoren und zugleich kommen auch weniger Zuschauer in die Stadien. Es gibt auch weniger sportliche Vorbilder. Letztendlich interessieren sich weniger Menschen für den Fussball und es gibt auch weniger Mädchen, die selbst aktiv spielen.
Wenig Aufmerksamkeit im Fernsehen führt zu wenig Sponsorengeldern, das führt zu wenig Geld, um die Spielerinnen damit gut zu bezahlen – ist es ein Teufelskreis?
Die grosse Zeit im Frauenfussball war 2011 mit der WM in Deutschland. Da waren die Spielerinnen wesentlich bekannter als heute. Die durchschnittliche Anzahl Zuschauer in der Frauen-Bundesliga liegt heute bei 833. Andere Beispiele aus anderen Ligen zeigen, dass – wenn es im Fernsehen präsent ist und die Menschen sich dafür interessieren – die Zuschauer vermehrt kommen und eine Bindung mit dem Klub aufbauen. Nur so hat der Frauenfussball eine Chance. Aber man muss eben einige Jahre warten.
Am Beispiel des norwegischen Fussballverbandes zeigt sich, dass die Reduktion der Debatte auf die Lohnungleichheit nicht reicht.
Aus welchen Ländern gibt es positive Beispiele?
Spanien ist ein Land, das relativ spät in den Frauenfussball eingestiegen ist. Dort hat die Frauen-Liga – die erste Liga– einen Liga-Sponsor gefunden und sogar die Fernsehrechte für drei Millionen Euro verkauft. Die grossen Klubs wie Barcelona und Madrid sagen, sie wollten ihre Region vertreten, also gründeten sie auch eine Mädchen- und Frauenabteilung. In vielen Vereinen in Deutschland ist das überhaupt nicht so. Der Hamburger SV hat seine Frauenabteilung sogar abgemeldet.
Es ist nicht so, dass Frauen nicht trainieren können.
Ist es einfach Glück, ob man einen Sponsor findet oder nicht?
Aktuell reduziert man diese Debatte auf Prämien, auf die Lohnungleichheit. Am Beispiel des norwegischen Fussballverbandes zeigt sich, dass das nicht reicht. Dort wurde schon vor 30 Jahren eine Frau in den Vorstand gewählt, wegen einer neuen Quote. So wurde Sichtbarkeit geschaffen und mittlerweile sind im Vorstand des norwegischen Verbandes vier Frauen und vier Männer.
Das führte dazu, dass Themen ganz anders diskutiert wurden und dass nicht nur die Junioren in Teams die gleichen Angebote bekommen, was Trainingslager, Ausstattung, Materialien angeht, sondern seit 2017 erhalten sowohl Nationalspieler als auch Nationalspielerinnen die gleichen Prämien. Das ging nur, weil die männlichen Spieler auf einen Teil ihrer Zahlungen verzichtet haben. So sollte Solidarität innerhalb eines Sportverbandes aussehen.
Was sind die zwei wichtigsten Faktoren, um Frauen im Fussball zumindest etwas höhere Löhne zu verschaffen?
Wir leben in einer Zeit, in der Konzerne auch mit dem Gedanken der Vielfalt punkten können. Von den 24 Clubs, die an der WM teilnehmen, werden nur neun von einer Frau trainiert. Es ist nicht so, dass Frauen nicht trainieren können, sondern dass sie schon am Anfang, nach ihrer Karriere als Spitzenspielerinnen, keine Möglichkeiten bekommen, sich zu Trainerinnen ausbilden zu lassen, weil diese ganzen Kurse, diese ganze Verbandspolitik, von Männern geprägt ist.
Das Gespräch führte Eva Stehrenberger.