Im Rahmen des Waffenruheabkommens mit Israel lässt die extremistische Hamas im Gazastreifen seit Freitag Geiseln frei: Menschen, welche die Terrororganisation am 7. Oktober entführt hat. Auch am Montag sollen wieder einige Geiseln freigelassen werden. Insbesondere für deren Familienangehörigen, aber auch für die israelische Bevölkerung sind diese Tage unerträglich schmerzhaft.
Vierjährige Geisel freigelassen
Ella Mor ist die Tante der kleinen Abigail. Am Sonntag war die vierjährige israelisch-amerikanische Doppelbürgerin unter den Geiseln, welche die Hamas freiliess. Ihre Tante muss sich im Video sichtlich zusammenreissen, um nicht zu weinen.
Das Mädchen hat Unvorstellbares durchgemacht. Am 7. Oktober brachen Hamas-Terroristen ins Haus ihrer Familie ein und erschossen ihre Mutter. Ihr Vater, erzählen Verwandte, versuchte Abigail zu schützen, und wurde ebenfalls erschossen. Sie kroch unter ihrem leblosen Vater hervor, rannte zu den Nachbarn. Aber dort fanden sie die Terroristen und verschleppten sie, zusammen mit der Nachbarsfamilie, in den Gazastreifen.
Ganz Israel kennt ihr Schicksal und erlebt mit ihrer Geschichte immer wieder die Schrecken des 7. Oktobers. Jeden Tag ist von Neuem unklar, wen die Hamas auf die Liste der Freizulassenden setzen wird. Auch heute wieder. Unklar ist immer auch, wann die Hamas die jeweils nächste Gruppe von Geiseln übergibt. Täglich um vier Uhr nachmittags – so war es ursprünglich abgemacht.
Schon am Freitag, dem ersten Tag, an dem die viertägige Waffenruhe in Kraft trat, wurde es später. Am nächsten Tag mussten die Familien gar stundenlang auf den ersehnten Moment warten. 62 Geiseln hat die Hamas in den letzten drei Tagen freigelassen, eine Geisel wurde von israelischen Soldaten in Gaza befreit, zwei wurden tot aufgefunden.
«Protestiert, bis alle Geiseln wieder daheim sind!»
Demnach fehlen noch 180 Verschleppte. Man weiss nicht, wie viele von ihnen noch leben. Oder ob die abgemachte Waffenruhe überhaupt reicht, damit alle freikommen: denn danach setzt Israel den Krieg im Gazastreifen fort. Dagegen wehren sich die Angehörigen der Geiseln vehement, indem sie die Regierung mit Demonstrationen unter Druck setzen. Inbar Goldstein, deren Neffen die Hamas gestern freigelassen hat, ruft in einem Video zu weiteren Protesten auf.
Inzwischen ist klar: Die Waffenruhe wurde um zwei Tage verlängert. Die Fäden in diesem Drama zieht die Hamas. Nun kann sie ihren Psychoterror rund um die Freilassung der Geiseln noch tagelang weiterführen. Denn sobald der Krieg wieder beginnt, schwinden die Überlebenschancen der restlichen Verschleppten.
Die Not und den Tod ihrer eigenen Bevölkerung nimmt die Hamas-Führung in Kauf. Weil sie weiss, dass Israels Gewalt eine neue Generation von Terroristen hervorbringen wird. Die Hamas weiss auch, dass ihr Psychoterror Israel weiter spalten wird. Für Israel und die Angehörigen der Geiseln ist es, wie wenn der 7. Oktober gar nie geendet hätte.