Knapp neun Monate nach Kriegsbeginn gerät Russland erneut politisch unter Druck.
Am G20-Gipfel in Bali wird das Land offenbar in einer bereits vorbereiteten Abschlusserklärung verurteilt werden.
Zudem steht in dem Entwurf, dass der Ukraine-Krieg nach Auffassung der meisten G20-Mitglieder die Probleme der Weltwirtschaft verstärkt.
Das Treffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer im indonesischen Bali dauert bis morgen Mittwoch.
Die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer könnten Russland wegen seines Angriffs auf die Ukraine scharf verurteilen. In einem Entwurf der Abschlusserklärung des G20-Treffens wird eine deutliche Kritik vorgeschlagen. «Die meisten Mitglieder haben den Krieg in der Ukraine auf das Schärfste verurteilt und haben betont, dass er unermessliches menschliches Leid verursacht und bestehende Schwachstellen in der Weltwirtschaft verschärft», heisst es in dem Text, der auf dem Gipfel unter indonesischer Präsidentschaft beschlossen werden soll.
Entwurf der Abschlusserklärung: Aufforderung zum Kriegsende
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Konkret wird im Entwurf der Abschlusserklärung aus einer Resolution der Vereinten Nationen zitiert. Damit wird Russland aufgefordert, die Kriegshandlungen einzustellen und seine Truppen sofort aus der Ukraine abzuziehen.
Auf Russlands Position wird vor allem mit dem Satz eingegangen: «Es gab andere Auffassungen und unterschiedliche Bewertungen der Lage.» Russland akzeptiert demnach auch, dass der russische Angriff als Krieg bezeichnet wird und nicht – wie von Putin vorgegeben – als «militärische Spezialoperation».
Lawrow bestätigte, dass die Arbeit praktisch abgeschlossen sei. «Unsere westlichen Kollegen haben auf jede erdenkliche Weise versucht, diese Erklärung zu politisieren, und sie haben versucht, Formulierungen hineinzuschmuggeln, die eine Verurteilung der Handlungen der Russischen Föderation im Namen der ganzen G20 implizieren würden, einschliesslich uns selbst», sagte er nach Angaben der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass. Der Entwurf enthalte nun sowohl die westliche als auch die russische Sichtweise auf den Krieg in der Ukraine.
Zudem steht in dem Entwurf, dass der Krieg nach Auffassung der meisten G20-Mitglieder die Probleme der Weltwirtschaft verstärkt und zum Beispiel das Wachstum schwächt und die Inflation steigen lässt. Wer diese meisten G20-Mitglieder sind, wurde nicht aufgelistet.
Russland stimmt auch zu, dass in der Abschlusserklärung nicht nur der Einsatz von Atomwaffen, sondern auch die Drohung damit als unzulässig bezeichnet wird.
Russlands Angriff auf die Ukraine überschattet das zweitägige Treffen auf Bali. Verschiedene westliche Regierungschefs hatten schon im Vorfeld betont, dass der Krieg auf dem Gipfel thematisiert werden müsse. «Stürzen Sie die Weltwirtschaft nicht in den Abgrund», sagte zum Beispiel der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz an Russlands Präsident Wladimir Putin gerichtet.
Sebastian Ramspeck: «Es wird heute um die Multikrise gehen»
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SRF News: Geht es nun um konkrete Inhalte?
Sebastian Ramspeck: Nach monatelanger Ungewissheit und vielen Querelen rund um die Gästeliste geht es jetzt wirklich um Inhalte am G20-Gipfel. Konkret geht es um eine Schlusserklärung, die von den Staatschefs bis morgen Abend verabschiedet werden soll.
Themen sind aber auch steigende Preise, Energie- und Umweltprobleme sowie der Krieg in der Ukraine. Was wird denn nun am ersten Gipfeltag besprochen?
Die G20 sind ja traditionell ein Gesprächsforum für die Weltwirtschaft. Es wird heute tatsächlich um diese Multikrise gehen, in der wir uns befinden. Also von Energie und Klima über Ernährung bis zur Inflation. Es ist eine Multikrise, deren Ende noch lange nicht absehbar ist, aber auch eine Wirtschaftskrise, die sehr viel mit der Politik zu tun hat – namentlich mit dem Ukraine-Krieg. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski war bereits als Gast zugeschaltet.
Welche greifbaren Resultate sind von dem Treffen zu erwarten?
Bis vor wenigen Tagen hat es danach ausgesehen, als würde in der Schlusserklärung wenig Handfestes drin stehen. Und überhaupt war zu befürchten, dass es gar nicht gelingt, eine Schlusserklärung zu formulieren. Jetzt heisst es von vielen Delegationen, dass ein Text in Griffweite ist. Darin wird wohl drinstehen, dass «die meisten G20-Staaten» den Ukraine-Krieg aufs Schärfste verurteilen. Zudem sehe man den Krieg auch als wirtschaftliches Problem und Drohen mit Atomwaffen sei völlig unakzeptabel. Wenn das so verabschiedet wird, dann ist das ein Sieg für die westlichen G20-Staaten. Russland hatte eigentlich versucht, solche Formulierungen zu verhindern.
Im zweiten Punkt der Abschlusserklärung sollen sich verschiedene Staaten zum Klimaschutz mit konkreten Emissionszielen und eigenen Finanzmitteln verpflichten.
Aber wie immer bei solchen Gipfeln: Alles ist eben erst vereinbart, wenn alles vereinbart ist. Wir können also gespannt sein, was tatsächlich beschlossen wird.
Das Gespräch führte Vera Deragisch.
An dem Gipfel nehmen auch US-Präsident Joe Biden und Chinas Präsident Xi Jinping teil, die sich zuvor zu einem dreistündigen Gespräch getroffen hatten.
Der russische Aussenminister Sergej Lawrow hatte den russischen Präsidenten Wladimir Putin vertreten, der nach Kreml-Angaben aus Zeitgründen nicht nach Bali kommen konnte. Lawrow war auch im Saal, als der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski virtuell zu dem Gipfel zugeschaltet wurde und ein Ende des Krieges forderte.
Ob der Entwurf der Abschlusserklärung in dieser Form am Mittwoch beschlossen werden kann, ist nach Angaben von EU-Diplomaten wegen des Widerstands Russlands noch unsicher.
Lawrow ist abgereist
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Mittlerweile verliess Lawrow den Gipfel noch vor Ende des Treffens und der offiziellen Annahme der Abschlusserklärung. Das Flugzeug mit der russischen Delegation verliess am Abend die indonesische Insel Bali. Nach Informationen des russischen Staatsfernsehens war die Abreise des Ministers bereits im Vorfeld für Dienstagabend geplant gewesen. Ein Grund wurde nicht genannt.
China fordert ein von den USA unabhängiges Europa
Zuvor forderte China, dass Europa von den USA unabhängiger wird. Bei einem Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Rande des G20-Gipfels sagte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping, als wichtige Kräfte in einer turbulenten Welt sollten Frankreich und die Europäische Union zusammen mit China «den Geist der Unabhängigkeit und Autonomie wahren».
Hinter dem Hinweis verbirgt sich nach Angaben von Diplomaten der chinesische Wunsch, dass die Europäer weniger den USA folgen sollen. Xi Jinping lobte die Entwicklung der Beziehungen zwischen China und Frankreich, die «positiven Schwung bewahrt» hätten, wie die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua vom Gipfel der Gruppe der grossen Wirtschaftsnationen (G20) aus Bali berichtete.
Gastgeber warnt an G20-Gipfel-Eröffnung vor neuer Spaltung
Zum Auftakt des G20-Gipfels warnte der indonesische Präsident Joko Widodo vor einer neuen Spaltung der Welt. «Wir haben eine Verantwortung für die Völker der Welt», appellierte der Gastgeber an die anderen Teilnehmer.
«Wir sollten die Welt nicht in zwei Teile trennen», sagte Widodo weiter. Dazu gehöre die Einhaltung internationaler Grundsätze.
Lawrow traf am Rande des Gipfels seinen chinesischen Amtskollegen Wang Yi. Russland und China pflegten eine «allumfassende Partnerschaft und eine strategische Zusammenarbeit», sagte Lawrow der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge.
Infantino schlägt Feuerpause in Ukraine während Fussball-WM vor
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Fifa-Präsident Gianni Infantino schlug bei einem Auftritt auf dem G20-Gipfel vor, dass für die Zeit der Fussball-WM in Katar die Waffen im Krieg zwischen Russland und der Ukraine für einen Monat schweigen. «Wir sind nicht naiv und denken, dass der Fussball die Probleme der Welt lösen kann», sagte der 52-Jährige. Die WM könne aber «Anlass für eine positive Geste oder ein Zeichen» sein.
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