Der Klub der Reichen und der Mächtigen – als das galten bisher die G7. Doch es ist diesmal eine merkwürdige und zerstrittene Runde von Staats- und Regierungschefs, die sich ab heute für drei Tage im französischen Atlantik-Seebad Biarritz zum traditionellen G7-Gipfel trifft.
Emmanuel Macron: Der Gastgeber. Er beeinflusst massgeblich die Agenda. Macron wählte für «seinen» Gipfel das Grossthema: Bekämpfung der Ungerechtigkeiten in der Welt. Wohl ein zu grosses Thema, angesichts der Spannungen innerhalb der G7. Der Gastgeber muss sich auch als Vermittler profilieren. Macron will Verantwortung übernehmen. Er findet das G7-Gipfelformat nach wie vor nützlich. Und ist fast als einziger sowohl handlungsfähig als auch handlungswillig. Bloss reicht das für einen Gipfelerfolg nicht. Der Präsident der Mittelmacht Frankreich braucht zwingend Verbündete.
Donald Trump: Ohne die Amerikaner geht es nicht. Aber ohne diesen Amerikaner ginge es besser. Er hält nichts von länderübergreifender Zusammenarbeit, sondern nutzt solche Gipfel zur Selbstdarstellung und um auszuteilen gegen Verbündete. Trump trägt nicht mit, was die G7 zusammenhält: gemeinsame Werte wie eine freie, liberale Weltordnung, Demokratie oder Menschenrechte. Statt in der Konfrontation mit China die Europäer und Kanada an Bord zu holen, brüskiert er sie und führt seinen Handelskrieg. Demokraten, Autokraten – das spielt für Trump keine grosse Rolle. Er will deshalb Putin wieder an Bord holen. Donald Trump ist der Spaltpilz in der Siebnerrunde.
Angela Merkel: An vielen G7-Gipfeln war sie die Schlüsselfigur. Alle konnten mir ihr. Sie konnte mit allen. Oft war sie die Mutter eines Kompromisses. Sie hob den Klimawandel auf die G7-Agenda. Doch nun ist ihr Stern auch auf der internationalen Bühne am Verblassen. Früher nannte sie vor jedem Gipfel konkrete Ziele, mitunter gar in einer Regierungserklärung. Diesmal erklärte sie im Vorfeld nur: Es wird schwierig.
Boris Johnson: Der Novize. Von ihm kann alles kommen. Und das Gegenteil. Auch dicht aufeinander. Damit der Brexit den Gipfel nicht beherrscht, haben Merkel und Macron Johnson im Vorfeld zu bilateralen Arbeitsbesuchen eingeladen. Dennoch führt in Biarritz am Brexit-Thema kein Weg vorbei. Für Johnson ist der Gipfel ein Schaulaufen für baldige Wahlen. Er liebt solche Auftritte. Und ist eine Wundertüte. Verlass ist auf ihn nicht.
Shinzo Abe: Wenn Japan nicht gerade selber Gipfelgastgeber ist, tritt es selten prominent in Erscheinung. Grosse Initiativen, neue Ideen, hartnäckiges Ringen um Lösungen sind von seinem Regierungschef nicht zu erwarten. Zweifellos wird er das Nordkorea-Problem aufbringen, wo Trump viel versprach, jedoch bisher nichts erreichte. Abe dürfte die graue Maus auf dem Gipfel sein, einmal mehr.
Giuseppe Conte: Voriges Jahr im kanadischen Québec zückte er ständig sein Handy. Er war erst wenige Tage im Amt, kam als Marionette seines Vize Matteo Salvini. Der befahl ihm telefonisch, welche Haltung er in welcher Frage auf dem Gipfel einnehmen musste. Seither hat Conte an Statur gewonnen. Doch jetzt ist er nur noch Beobachter. Er ist zurückgetreten und auf Abruf im Amt.
Justin Trudeau: Kanada ist bevölkerungsmässig das kleinste G7-Mitglied. Hingegen oft sehr engagiert und dem Multilateralismus verpflichtet. Trudeau möchte in und mit den G7 etwas erreichen. Und schaffte das auch fast, voriges Jahr als Gastgeber in Québec. Bis Präsident Trump die Beschlüsse, denen er zuvor noch zugestimmt hatte, auf dem Heimflug buchstäblich in der Luft zerriss. Offenbar weil Trudeau ihn in seiner Schlusspressekonferenz kritisiert hatte. Ergebnis: Ein Desaster für die Glaubwürdigkeit der G7. Doch nicht allein deshalb ist Trudeau in Biarritz angeschlagen. Dem kanadischen Premierminister droht zuhause bereits in wenigen Wochen die Abwahl.