Es ist ein historischer Tag für Gambia: Erstmals in der Geschichte des Landes wird am Donnerstag ein demokratisch gewählter Präsident vereidigt. So jedenfalls der Plan. Ob es soweit kommt, ist aber noch unklar: Yahya Jammeh, seit 22 Jahren Präsident des westafrikanischen Landes, will nicht abtreten. Und tut alles dafür, noch weiter im Amt zu bleiben.
Der 1. Dezember 2016 markierte ein historisches Ereignis für Gambia: Jammeh, der das Land seit 1994 regiert, unterliegt bei der Präsidentschaftswahl dem bisher kaum bekannten Immobilienhändler Adama Barrow. Und räumte am Tag nach der Wahl seine Niederlage ein.
Eine Überraschung, die nicht lange hielt: Eine Woche später sprach er bereits von Wahlbetrug und hat seither seine Niederlage angefochten – mit allen Mitteln.
Vielleicht gibt es Tote, aber ich trete mein Amt an.
Jüngstes Beispiel: Gestern verhängte er den Ausnahmezustand über sein Land. Dieser erlaubt ihm, noch weitere drei Monate an der Macht zu bleiben – obwohl seine Regentschaft heute um Mitternacht enden sollte. Der Machtkampf zwischen ihm und dem neugewählten Adama Barrow droht damit zu eskalieren.
Schliesslich sieht dieser keinen Grund, auf seine Amtseinführung zu warten: «Am 19. Januar trete ich mein Amt als neuer Präsident Gambias an. Es ist ungewiss, was dann passiert. Vielleicht gibt es Tote, aber ich trete mein Amt an, weil seine Zeit dann verfassungsgemäss abgelaufen ist.»
Ein Spiel auf Zeit
So einfach gibt sich Jammeh aber nicht geschlagen: Der abgewählte Präsident hat beim Verfassungsgericht eine Wahlbeschwerde eingereicht. Solange dieses keinen Entscheid gefällt hat, will er weiter regieren – und das Gericht hat bereits angekündigt, dass es erst im Mai über die Beschwerde beraten kann.
«Der Mann spielt auf Zeit. Sein Ziel ist, eine Wiederholung der Wahl», erklärt der gambische Politologe Mutala Turé. Da kommt Jammeh entgegen, dass Ende Mai das muslimisch geprägte Land den Ramadan feiert: «Während des Fastenmonats will niemand demonstrieren oder gar Krieg führen», so Turé.
Auch die Nachbarländer mischen sich ein
Und ein Krieg könnte tatsächlich drohen: Nicht nur die Gambier sind unzufrieden mit ihrem Autokraten, auch die Nachbarstaaten üben Druck auf Jammeh aus: Die Staatspräsidenten der Nachbarländer Senegal, Nigeria, Ghana und Mali reisten vergangene Woche nach Banjul und baten Jammeh so dringend wie höflich, den Wahlentscheid vom 1. Dezember zu akzeptieren.
Bis zur Stunde zeigt sich Jammeh jedoch beratungsresistent. Und soll in den vergangenen Wochen gar eine Söldnertruppe angeheuert haben. Entsprechend verängstigt ist die Bevölkerung: «Überall spürt man die Angst der Menschen, vor dem, was in diesen Tagen passieren könnte. Und viele Menschen flüchten aus der Hauptstadt aufs Land oder verlassen Gambia Richtung Senegal», beschreibt der Journalist Saiko Tschambai die Situation in Banjul.