Welche Gefangenen werden ausgetauscht? Die Ukraine bekommt rund 200 Soldaten frei. «Die Hälfte davon sind Kämpfer des Asow-Regiments», sagt David Nauer, SRF-Auslandredaktor. Das Regiment sei bekannt dafür, dass es in Mariupol das Stahlwerk bis zum Schluss verteidigt hat. «Es sind auch Kommandanten des Regimes unter den Freigelassenen.» Daneben wurden auch zehn ausländische Söldner freigelassen. Wer von den Russen freikomme, wisse man noch nicht ganz genau, so Nauer. «Man weiss aber, dass Viktor Medwedtschuk freikommt.» Medwedtschuk ist ein Vertrauter von Russlands Staatschef Wladimir Putin.
Wieso werden viel mehr Ukrainer freigelassen? Es möge zynisch klingen, sagt David Nauer dazu, doch Kriegsgefangene hätten ihren Preis. «Offiziere sind im Austausch mehr wert als einfache Soldaten.» Für die Ukrainer hätten die Soldaten des Asows-Regimentes einen sehr hohen Stellenwert, «sie gelten in der Ukraine als Volkshelden». Medwedtschuk müsse für den Kreml so gesehen unglaublich wichtig sein.
Wer ist Viktor Medwedtschuk? Medwedtschuk war nicht nur ein ukrainischer Oligarch und pro-russischer Politiker in Kiew, er war quasi der Interessenvertreter Putins in der Ukraine. Und: «Er ist vor allem ein persönlicher Freund von Putin. Putin ist der Götti eines seiner Kinder», sagt Nauer. Putin regiere gewissermassen nach einem Ehrenkodex wie in einem Clan, so Nauer. Der Kremlchef sei bereit, einen sehr hohen Preis für Medwedtschuk zu bezahlen. Dies sei auch ein Zeichen an andere Mitglieder des engsten Zirkels um Putin.
Wie nehmen es die Russinnen und Russen auf, dass Asow-Kämpfer freikommen? Den meisten Russinnen und Russen sei Medwedtschuk egal, sagt Nauer. Sie würden ihn gar nicht kennen. «In nationalistischen Kreisen gibt es jedoch harsche Kritik an diesem Gefangenenaustausch.» Denn die russische Propaganda habe das Asow-Regiment sozusagen zum Inbegriff des Bösen stilisiert, sie als Nazis bezeichnet. Dass diese nun für einen Freund von Putin freigelassen würden, sei für manche nicht nachvollziehbar.