Die zweite Nacht in Folge gab es in der Wirtschaftsmetropole Schanghai Proteste. Nachdem gestern Hunderte lautstark die Aufhebung der Null-Covid-Massnahmen, mehr Freiheiten und den Rücktritt des Präsidenten forderten, waren heute in Schanghais Zentrum wohl Tausende unterwegs.
Bemerkenswerte Kritik
Was in Schanghai dieses Wochenende passierte, ist aus drei Gründen bemerkenswert. Zum einen, dass die Leute überhaupt auf die Strasse gehen. Auf der anderen Seite, weil sich die Kritik auch direkt gegen die Kommunistische Partei und die Führung in Peking richtete. Kommt es in China zu Protesten, stehen üblicherweise eine Provinzregierung oder Lokalbehörden im Fokus des Unmuts.
Drittens, weil es in Schanghai selbst derzeit verhältnismässig wenig Einschränkungen durch Covid-Massnahmen gibt. Proteste sah China in den letzten Wochen vor allem dort, wo viele Leute über Wochen oder gar Monate im Lockdown waren.
Junge sind unzufrieden
Trotzdem waren am Sonntagabend noch mehr Leute auf der Strasse als in der Nacht zuvor. Dennoch gab es wenig Lärm. Es war ein stiller Protest von vorwiegend jungen Leuten.
Sich lautstark und öffentlich zu beschweren, kann in China gefährlich sein. Viele der Jungen wollten aber mit ihrer stillen Präsenz die lauten Forderungen vom Vorabend unterstreichen. Sie sind unzufrieden, in welche Richtung sich China entwickelt. Insbesondere mit den einschneidenden und stark einschränkenden Null-Covid-Massnahmen, sagen viele hinter vorgehaltener Hand.
Herausforderung für die Staatsführung
Die Proteste in Schanghai scheinen dabei etwas auszulösen. Auch in anderen Städten haben sich Studentinnen und Studenten bereits versammelt. Unter anderem in der Hauptstadt Beijing. Es ist noch kein Flächenbrand. Die Regierung wird aber gefordert sein, zu reagieren, bevor es dazu kommt. Wie sie reagieren wird, ist die grosse Frage. Es sind aussergewöhnliche Tage in China.