Interpol vernetzt international die Polizeikräfte und erlaubt so die weltweite Verbrecherjagd. Soweit bekannt. Weniger bekannt ist hingegen die Finanzierung von Interpol: Die Polizeiorganisation ist in den letzten zwei Jahrzehnten rasant gewachsen. Die Mitgliederbeiträge decken inzwischen nicht einmal mehr die Hälfe der Ausgaben: Im Budget von 2017 stehen Ausgaben von 138 Millionen Franken Mitgliederbeiträgen von lediglich 60 Millionen Franken gegenüber.
Mit der Fifa gegen Korruption
Interpol braucht deshalb Drittmittel. Zum Teil springen Mitgliedsländer ein, etwa mit Sachleistungen wie Gebäude. Aber Interpol sucht auch private Sponsoren. Bekanntestes Beispiel war die Fifa, die Interpol für den Kampf gegen Betrug und Korruption 20 Millionen Franken zusicherte. Nach den Festnahmen von Fifa-Kadern 2015 im Rahmen eines Korruptionsskandals verzichtete Interpol auf das Geld des Weltfussballverbands.
Die Zuwendungen haben keinerlei Auswirkung auf die Neutralität und Unabhängigkeit von Interpol.
Um solche Peinlichkeiten künftig zu vermeiden, wurde inzwischen eine Stiftung gegründet – gewissermassen als Brandschutzmauer. Nicht mehr Interpol, sondern die Stiftung verhandelt mit Sponsoren. Und: In den Finanzen von Interpol erscheinen nicht mehr die privaten Geldgeber als Wohltäter, sondern einzig die Stiftung.
Interpol beteuert Neutralität
Der Generalsekretär von Interpol, Jürgen Stock, nimmt gegenüber der «Rundschau» nur schriftlich Stellung. Er schreibt: «Unabhängig davon, woher zusätzliche Mittel kommen und wie hoch diese sind: Die Zuwendungen haben keinerlei Auswirkung auf die Neutralität und Unabhängigkeit von Interpol.»
Erstmals gesprächsbereit zeigt sich der Stiftungspräsident Elias Murr. Er sagt, mit einer Spende von über 50 Millionen Euro seien die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) bisher der einzige Geldgeber der Stiftung. «Sie hatten Null Vorteile dadurch.» Den VAE gehe es darum, im Kampf für mehr Sicherheit eine Pionierrolle einzunehmen.
Warten auf den nächsten Spender
Ebenfalls um die Sicherheit besorgt zeigte sich gemäss SRF-Recherchen Saudi-Arabien. Der Golfstaat wollte demnach sogar 100 Millionen Euro spenden. Doch nachdem die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi in der Botschaft öffentlich geworden war, kam es zu keinem Abschluss.
Elias Murr will die Verhandlungen mit den Saudis weder bestätigen noch dementieren: «Ich habe keine schriftliche Absichtserklärung der saudischen Regierung oder einer anderen Stelle in meinen Händen, die eine Spende zusagt.»
«Bauchschmerzen» beim Fedpol
Die Bücher der Stiftung sind nicht öffentlich, die Geldflüsse nicht kontrollierbar. Fedpol-Direktorin Nicoletta della Valle zeigt sich deshalb besorgt: «Es bereitet mir Bauchschmerzen, dass diese Stiftung, bei der nicht immer alles ganz transparent ist, Interpol mitfinanziert. Wir haben das bei Interpol auch schon deponiert.» Aus Schweizer Sicht sei die Finanzierung von Polizeiarbeit durch Sponsoren problematisch.