Lyon, Strassburg, Bordeaux – vielleicht auch noch Marseille. Daneben eine ganze Reihe weiterer Städte mit über 100'000 Einwohnern wie Grenoble, Besançon oder Tours: Die Grünen haben sich in Frankreichs politischer Landschaft etabliert.
Über 30 Jahre lang dienten die Grünen den Sozialisten als Mehrheitsbeschaffer. Diese Rolle haben die Grünen mit der Wahl gestern abgestreift. Sie haben sich auf lokaler Ebene eingerichtet – und nicht nur mit Unterstützung anderer Linksparteien. Besonders eindrücklich zeigt sich dies etwa in Strassburg, wo die Grünen neben Präsident Macrons Partei «La République en Marche» auch noch gegen eine sozialistische Konkurrenz antreten mussten und komfortabel siegten.
In Lille nur knapp geschlagen
In Lille wäre ein ähnlicher Coup beinahe ebenfalls geglückt. Die Metropole im Norden Frankreichs ist seit 65 Jahren eine Hochburg der sozialistischen Partei. Seit 2001 regiert dort die ehemalige PS-Chefin Martine Aubry in einer Koalition mit den Grünen. Doch diese Verbindung ging in die Brüche, weil sich Aubrys Sozialisten und die Grünen in der Stadtentwicklung zerstritten hatten.
Bereits im ersten Wahlgang lag der grüne Herausforderer nur knapp hinter Aubry zurück – und holte im zweiten Wahlgang weiter auf. Am Ende siegte Martine Aubry knapp mit einem Vorsprung von 227 Stimmen. Pikant daran ist auch, dass die Sozialistin ihren hauchdünnen Vorsprung auch einem Wahlaufruf von rechten «Républicains» verdankt, die vor allem die Grünen verhindern wollten.
Zugeständnisse von den Sozialisten in Paris
Für eine andere Strategie hatte sich in Paris die sozialistische Stadtpräsidentin Anne Hidalgo entschieden. Sie setzte prononciert auf grüne Themen: Veloförderung, Einschränkungen für den motorisierten Privatverkehr. Auch in Paris versuchten die Grünen in der ersten Runde den Alleingang. Sie erreichten schwache zehn Prozent – deutlich weniger als bei den Europawahlen vor einem Jahr. Bei den Koalitionsverhandlungen vor dem zweiten Wahlgang rangen die Grünen der Sozialistin Zugeständnisse ab. Hidalgo reduzierte ihre Baupläne für die Stadtentwicklung. Nun kann sie weitere sechs Jahre mit den Grünen regieren. Ohne diese Koalition wäre es für Hidalgo im Rennen gegen die republikanische Herausforderin Rachida Dati wohl knapp geworden.
Macrons Partei fehlt die lokale Basis
Die Gemeindewahl in Paris zeigt noch etwas anderes: Selbst Parteien, die national erfolgreich sind, können auf lokaler Ebene scheitern. Dies zeigt besonders deutlich das Resultat von Präsident Macrons Partei «La République en Marche». Bei den nationalen Wahlen vor drei Jahren erreichte die Präsidialpartei in Paris über 30 Prozent der Stimmen. Die Europawahlen vor einem Jahr bestätigten den Trend. Nun brach die Macron-Partei mit 13 Prozent ein: Ihr fehlt eine solide Basis, selbst in ihrer «Hochburg» Paris.
Bis sich eine Partei lokal verankern kann, dauert es – im Fall der Grünen waren dies rund 30 Jahre.