Ex-US-Präsident Donald Trump ging die Sache äusserst ungeschickt an. Um die Position der USA im hohen Norden zu stärken, schlug er vor, das zu Dänemark gehörende Grönland zu kaufen. Er sah es als grosses Immobiliengeschäft, das auch geostrategisch sinnvoll wäre. Dänemark reagierte irritiert und entschieden ablehnend. Ministerpräsidentin Mette Frederiksen bezeichnete Trumps Avance als absurd. Grönland bleibe grönländisch.
Überlegter sind jene Schritte, die Washington jetzt unternimmt. Es sollen nämlich mehr als vier Milliarden Dollar in die US-Militärbasis Thule im Nordwesten Grönlands investiert werden. Dort installierten die USA schon im Zweiten Weltkrieg eine Wetterstation und ab 1951 eine eigentliche Militärbasis mit Flughafen und Tiefseewasserhafen.
Es ist bis heute ihre einzige arktische Garnison. Die Radaranlagen dort sind ein Schlüsselelement im Schutzschirm gegen feindliche Interkontinentalraketen. Die Militärbasis Thule ist indes auf dem Permafrostboden gebaut, der nun wegen des Klimawandels weich wird. Nötig sind daher Grossinvestitionen, um sie im Boden zu verankern.
Grönland selber ist jetzt, da es nicht mehr um eine unfreundliche Übernahme der Insel geht, interessiert. Es möchte ohnehin engere Beziehungen zu den USA und Kanada knüpfen. Es geht auch darum, die einseitige Abhängigkeit vom Mutterland Dänemark zu verringern.
USA forcieren Arktispolitik
Der Ausbau von Thule ist nur ein Element des spät erwachten US-Interesses an der Arktis. Professor Mike Sfraga, der Gründungsdirektor des renommierten Polarinstituts bei der Denkfabrik Woodrow Wilson Center, spricht von einer «völlig anderen Haltung der USA. Die Arktis ist auf der Prioritätenliste nach oben gerückt.»
Er selber verkörpert das: Präsident Joe Biden machte ihn nämlich zum Vorsitzenden der Arktis-Forschungskommission. Auch im US-Aussen- und Verteidigungsministeriums entstanden neue Top-Positionen für die Arktispolitik. Und diesen Herbst veröffentlichte die Regierung eine umfassende Zehnjahresstrategie für den hohen Norden.
Mit Alaska sind die USA ein Arktisanrainerstaat. Aber der nördlichste Bundesstaat galt im fernen Washington lange bloss als Rohstofflieferant. Was auch darin gründet, dass es in der Nordpolarregion selbst im Kalten Krieg grossmehrheitlich friedlich blieb.
Das könnte sich ändern. Moskau baut zivil und militärisch seine Präsenz in der Arktis systematisch aus. «Selbst ohne direkten militärischen Konflikt in der Arktis wächst die Grossmachtrivalität dort», so Mike Sfraga: «Und für Präsident Wladimir Putin ist ohnehin klar: Russlands Zukunft liegt nicht zuletzt in der Arktis.»
Nachzügler im Ringen um die Arktis
Russland ist im hohen Norden bereits die dominierende Macht, China wiederum strebt entschlossen nach Einfluss. Die USA hingegen entdecken die Arktis erst. Sie sind ein Nachzügler. Ein Beispiel: Washington besitzt bloss zwei einsatzfähige Eisbrecher, Kanada hingegen gut ein Dutzend; Russland sogar um die 50. Die Amerikaner lassen jetzt bis zu sechs weitere bauen. Doch es dauert noch Jahre, bis sie operativ sind.
Die Eisbrecher stehen symbolisch für das wachsende militärische und wirtschaftliche Engagement im Norden. Seit dieser wegen der abschmelzenden Polkappen zugänglicher wird, wächst die Begehrlichkeit nach arktischen Rohstoffen und Handelsrouten.