Es gibt nur wenige Australierinnen und Australier, die dem Drama um Novak Djokovic etwas Positives abgewinnen können. Der serbische Weltranglistenerste ist nach seinem Versuch, mit einer Ausnahmebewilligung die für Australien geltende Impfpflicht umgehen zu können, zur «Persona non Grata» geworden.
Er war am Mittwoch in Melbourne gelandet, um am bevorstehenden Australian Open teilzunehmen. Während die Regierung des Bundesstaates Victoria dem ungeimpften Spieler aus medizinischen Gründen eine Ausnahmegenehmigung erteilt hatte, weigerte sich die Bundesregierung am Mittwoch, ihn ins Land zu lassen.
Djokovic verbrachte erst acht Stunden im Flughafen in Festhaltehaft. Danach wurde er ins Park Hotel Melbourne gebracht. Mitgefühl fand der Spitzensportler in Australien auch am Donnerstag wenig. Nur eine kleine Gruppe von Fans und serbischen Nationalisten versammelte sich, um für seine Freilassung zu demonstrieren.
Politischer Nutzen des Falls Djokovic
Dabei ist Djokovic – wohl ohne es zu wissen – mit seiner Festnahme zu einem Hoffnungsträger für australische Flüchtlingsaktivisten geworden. Menschenrechtsaktivisten hoffen, dass die Situation die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit auf Australiens harte Einwanderungspolitik lenken wird. Denn das Hotel wird von Australiens Grenzpolizei als Einrichtung für Asylbewerber genutzt.
Etwa 33 Männer sind derzeit im Park Hotel inhaftiert. Flüchtlingsanwälte fordern seit Jahren ihre Freilassung. «Dies ist eine sehr unglückliche Situation, mit der viele Menschen konfrontiert sind, die nach Australien kommen», beschreibt Alison Battisson von Human Rights For All die Lage des Tennisstars. Sie geht davon aus, dass er trotz seiner Prominenz nicht anders behandelt wird als andere Ankömmlinge ohne korrekte Papiere.
Djokovic wurden höchstwahrscheinlich Handschellen angelegt, das ist eine Standardprozedur.
«Zunächst einmal wurden ihm höchstwahrscheinlich Handschellen angelegt, das ist eine Standardprozedur. Vom Flughafen aus wurde Djokovic in einem Lieferwagen mit unmarkierten Fenstern zum Hafthotel gebracht.» Im Hotel selbst seien die Fenster komplett abgedichtet und mit einem Film beschichtet, damit die Inhaftierten von aussen nicht gesehen werden können, erklärt Battisson.
Schlimme Zustände für Hotelbewohner
Bei Djokovics Mitbewohnern im Park Hotel handelt es sich vorwiegend um Asylsuchende, deren Flüchtlingsstatus noch abgeklärt werden muss oder die auf ihre Abschiebung warten. Dieser Prozess kann viele Jahre dauern. Die Inhaftierten dürfen das Hotel und ihre Zimmer in dieser Zeit nicht verlassen.
Jüngst gab es Berichte über Maden im Essen. Ausserdem wurde die Anlage von Epidemiologen und Architekten wegen ihrer schlechten Belüftung kritisiert. Kürzlich war das Park Hotel zudem Schauplatz eines Covid-19-Ausbruchs, bei dem sich die Hälfte der Häftlinge sowie etwa 20 Mitarbeitende mit dem Coronavirus infizierten.
«Novak Djokovic hat die Ressourcen der ganzen Welt hinter sich», meint Battisson. «Wenn jemand wie er in dieses brutale Regime hineingezogen werden kann, dann muss man sich mal vorstellen, womit Menschen konfrontiert werden, die am Flughafen oder per Boot Asyl beantragen: Sie sehen sich einem undurchdringlichen System ständig ändernder Regeln und Vorschriften gegenüber.»