Worum geht es? Ein Gericht in Ruandas Hauptstadt Kigali hat Paul Rusesabagina schuldig gesprochen, Terrorismus unterstützt zu haben. Er muss für 25 Jahre ins Gefängnis. Auch 20 Mitangeklagte wurden verurteilt. Rusesabagina wurde 2004 durch einen Film bekannt. Er rettete während des Genozids 1994 in Ruanda 1200 Menschen. Er war der Manager des Hotels «des Mille Collines» in Kigali. 2006 honorierte der damalige US-Präsident George W. Bush Rusesabaginas Mut mit der höchsten Verdienstmedaille, der «Presidential Medal of Freedom».
Weswegen stand Rusesabagina vor Gericht? Er gründete im Exil nicht nur die Partei Ruandische Bewegung für Demokratischen Wandel (MRCD), ihm wird auch vorgeworfen, den bewaffneten Arm der Partei, die Nationale Befreiungsfront (FLN), gegründet und unterstützt zu haben. Sie hat mehrere tödliche Anschläge zu verantworten. Die Staatsanwaltschaft von Ruanda hat insgesamt neun Anklagepunkte formuliert, darunter Mord, bewaffneter Überfall und die Finanzierung terroristischer Tätigkeiten.
«Rusesabagina hat in einem Video seiner Partei offen zum Kampf gegen das Regime von Paul Kagame aufgerufen», sagt SRF-Afrikakorrespondent Samuel Burri. Und Rusesabagina habe gewusst, dass der bewaffnete Arm seiner Partei Anschläge durchführe, «zumindest hat er sich nicht dagegen ausgesprochen. Er hat den Rebellen Geld geschickt, wie Whatsapp-Protokolle zeigen», so Burri. Umstritten sei, ob der Parteigründer aktiv mitgeplant habe. Rusesabagina selbst sagte, er sei nie aktiv in Gewalttaten involviert gewesen.
Warum kam Rusesabagina aus dem Exil in den USA nach Ruanda zurück? Nach Angaben seiner Tochter und seiner Anwältin Kate Gibson wurde Rusesabagina auf eine Reise nach Burundi gelockt. Beim Umstieg in Dubai sei er gegen seinen Willen nach Kigali geflogen worden. Drei Tage lang sei er in einem Schlachthof in Kigali festgehalten und gefoltert worden. Rusesabagina sei mit gefesselten Händen und Füssen an die Decke gehängt worden. Man habe sich auf sein Genick gestellt, sagt Gibson.
«Rusesabagina selbst sagt, er habe in Burundi einen Vortrag in einer Kirche halten wollen», sagt der SRF-Afrikakorrespondent. Doch die Reise könnte auch politische Hintergründe gehabt haben. «Es macht den Anschein, dass ihn ein burundischer Pfarrer im Auftrag des ruandischen Geheimdienstes da hin gelockt hat.»
Warum lebte Rusesabagina mit seiner Familie im Exil? Nach einem Mordversuch 1996 verliess Rusesabagina Ruanda. In Belgien erhielt er mit seiner Familie Asyl und zudem die belgische Staatsbürgerschaft. Nach einem Versuch, sein Auto von der Strasse abzudrängen, und vier Einbrüchen in das belgische Zuhause der Familie, siedelten sie nach San Antonio in Texas um. Aus dem Exil heraus kritisierte Paul Rusesabagina immer wieder Kagames Politik. «Seinen Hollywood-Ruhm nutzte Rusesabagina dafür, den ruandischen Präsidenten Kagame zu kritisieren», sagt Burri. Dies habe sich zu einer Fehde hochgeschaukelt.
War es ein Scheinprozess, um einen unliebsamen Kritiker loszuwerden? Das sei es nicht, sagt Samuel Burri. «Es ist legitim, zu klären, inwiefern Rusesabagina gegen den ruandischen Staat aktiv war.» Allerdings bemerkt er: «Es ist nicht zu 100 Prozent ein fairer Prozess. Die Entführung Rusesabaginas, die wohl unrechtmässig war, war in dem Prozess nie ein Thema.» Doch die Beweise gegen Rusesabagina seien erdrückend gewesen.