Das Wichtigste in Kürze
- Noch werden beide Teile Zyperns von kompromissbereiten Präsidenten regiert, die eine Wiedervereinigung wollen, in vielen Fragen gibt es bereits Einigkeit
- Ziel der Gespräche ist ein gemeinsamer zyprischer Bundesstaat, der EU- und wohl auch Nato-Mitglied würde.
- Grösster Streitpunkt ist die künftige Präsenz der derzeit in Nordzypern stationierten 30'000 türkischen Soldaten.
Viele sehen in den Gesprächen von Crans-Montana eine letzte Chance – zumindest für sehr lange Zeit. Denn die Erfolgsaussichten werden mit der Zeit nicht besser, sondern schlechter.
Noch vor wenigen Tagen war Uno-Zypern-Vermittler Espen Barth Eide nahe daran, den Bettel hinzuschmeissen. Er sah keine Chance mehr für neue Vereinigungsgespräche. Dann schaltete sich Generalsekretär Antonio Guterres selber ein. Und erreichte, dass sich die Staatschefs der Republik Zypern und des türkisch kontrollierten Nordzypern nun doch noch einmal zusammensetzen.
Guterres weiss: Wird die aktuelle Chance vertan, kommt so bald keine neue. Vor dem jetzigen Versuch gab es 2004 letztmals einen ernsthaften Anlauf, der aber scheiterte. Danach passierte mehr als zehn Jahre lang so gut wie nichts. Zurzeit ist die politische Konstellation günstig. Denn beide Inselteile werden von Präsidenten regiert, die eine Wiedervereinigung wollen und kompromissbereit sind.
Nach den nächsten Wahlen auf beiden Inselteilen könnte es bereits wieder anders aussehen. Auch die öffentliche Meinung scheint zu kippen. Junge Zyprer finden sich zunehmend mit der Teilung ihrer Heimat ab.
Wir streben nun nicht bloss Fortschritte an, sondern eine dauerhafte Lösung.
In vielen Fragen haben sich die beiden Volksgruppen verständigt auf dem Weg zu einem gemeinsamen zyprischen Bundesstaat, der dann als Ganzes Mitglied der EU und wohl auch der Nato würde.
Umstritten bleibt, ob die rund 30'000 türkischen Soldaten in Nordzypern bleiben dürfen. Die Türken wollen das, obschon das militärische Engagement und die Wirtschaftshilfe für ihr Protektorat sie zig Milliarden kosten. Für die Griechisch-Zyprer – und auch für die EU – ist eine solche Präsenz fremder Truppen inakzeptabel.
Es braucht nun mehr denn je politischen Willen und Entschlossenheit.
Ob sie gross genug sind, um die Lösung des jahrzehntelangen Konflikts herbeizuführen, weist sich in den nächsten Tagen. Der Uno-Friedensvermittler meint nüchtern, eine Erfolgsgarantie gebe es nicht. Aber es handle sich um die seit langem beste Chance für einen Durchbruch.