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Gespräche mit Rechtspopulisten «Ein überraschender Schritt der SPÖ»

Für die SPÖ ist die Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen FPÖ ein Tabu. Daran rüttelt die Partei jetzt aber, wie der Journalist Christian Rainer erklärt.

SRF News: Ist schon klarer geworden, wie die künftige österreichische Regierung aussehen könnte?

Christian Rainer: Der 31-jährige Sebastian Kurz hat 31 Prozent der Stimmen geholt. Daran hat sich auch nach der Auszählung sämtlicher Stimmen nichts geändert. Was sich geändert hat, sind die Koalitionsabsichten. Plötzlich sagen die Sozialdemokraten, dass sie vielleicht doch in die Koalition mit den «Schmuddelkindern» gehen wollen: Das wäre die rechtspopulistische FPÖ. Zuvor hatte die SPÖ ausgeschlossen, dass sie in die Regierung gehen wolle, wenn sie auf dem zweiten oder dritten Platz landen würde. Das ist deshalb wirklich überraschend.

Das Verständnis der Bevölkerung wäre nicht besonders gross, wenn die Sozialdemokraten sich mit aller Kraft an die Macht klammern würden.
Autor: Christian Rainer Chefredaktor «Profil»

Nach den Wahlen wurde eine Koalition zwischen Rechts und Links als unrealistisch eingeschätzt. Was hat sich daran geändert?

SPÖ-Chef Christian Kern galt als der grosse Antifaschist in Österreich. Er hat sich mit gerümpfter Nase von der FPÖ abgewendet. Jetzt will er seinen zweiten Platz nicht anerkennen und zumindest mal mit der FPÖ in Verhandlungen gehen. Die Koalition ist aber auch unrealistisch. Sie würde ein Zerreissen der SPÖ bedeuten. Die Partei ist in einen linken und einen rechten Flügel gespalten. Der linke Flügel würde eine Koalition mit der FPÖ auf keinen Fall akzeptieren, der rechte will vor allem an der Macht bleiben.

Was würde eine derartige Koalition für Wahlsieger Sebastian Kurz bedeuten?

Er würde damit zum Oppositionsführer, und das wäre erstaunlich. Kurz hat einen fulminanten Wahlsieg gefeiert. Als er die Partei vor einigen Monaten übernahm, lag sie in den Umfragen bei ungefähr 20 Prozent. Das Verständnis der Bevölkerung und der Meinungseliten wäre nicht besonders gross, wenn die Sozialdemokraten sich mit aller Kraft an die Macht klammern würden.

Das Welt- und Geschichtsbild der FPÖ entspricht nicht der antifaschistischen Tradition der Sozialdemokratie.
Autor: Christian Rainer Chefredaktor «Profil»

Geht Christian Kern, der bisherige SPÖ-Kanzler, ein hohes Risiko ein, wenn er mit der FPÖ spricht?

Es ist die Tradition der österreichischen Sozialdemokraten, sich vollständig von der extremen Rechten abzugrenzen. Im Jahr 2000 hatten wir in Österreich bereits eine ähnliche Situation: Die konservative ÖVP ging damals eine Koalition mit der FPÖ ein. Die SPÖ bezeichnete das als ungeheuerlichen Tabubruch. Das Welt- und Geschichtsbild der FPÖ entspricht auch so gar nicht der antifaschistischen Tradition der Sozialdemokratie. Es wäre für einige Menschen wohl völlig unbegreiflich, wenn sich die SPÖ jetzt darauf einlassen würde, um an der Macht zu bleiben.

Das Gespräch führte Claudia Weber

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