Die weltpolitische Atmosphäre schafft derzeit keinen Aufwind für friedliche Konfliktlösungen. Die grossen, blutigen Kriege dauern an. Immerhin wurde nun ein kleiner, aber jahrzehntealter Grenzstreit zwischen Dänemark und Kanada friedlich beigelegt. Es geht um die Insel Hans in der Arktis. Sie wird nun, nach langen Verhandlungen, geteilt – und damit der sogenannte «Whisky-Krieg» beendet.
Um wahnsinnig viel geht es nicht. Bloss um einen Felsbrocken im Polarmeer, 1.3 Quadratkilometer klein. 1100 Kilometer vom Nordpol entfernt, zwischen dem zu Dänemark gehörenden Grönland und der grossen kanadischen Insel Ellesmere.
Niemand lebt auf der Insel Hans, Vegetation gibt es auch keine. Hingegen rings um das Inselchen Öl- und Gasvorkommen. Doch die sind zumindest vorläufig noch schwer anzuzapfen: Zu tief liegen sie und zu viele Eisberge erschweren die Förderung.
Dennoch ist die Beilegung des Streits um die Insel Hans keine Nichtigkeit. Sie ist symbolisch bedeutsam. Kanadas Aussenministerin Mélanie Joly spricht auf einer kleinen Feier in Ottawa vom «Ende eines mehr als fünfzig Jahre dauernden Streits, mit dem sich insgesamt 26 Aussenminister befassen mussten». Laut ihrem dänischen Amtskollegen Jeppe Kofod muss «selbst ein unblutiger Territorialkonflikt irgendwann beendet werden».
Das geschieht nun. Die Insel wird geteilt. Dänemark und Kanada bekommen auf einmal eine gemeinsame Landgrenze.
Ausgefochten wurde der Konflikt auch mit Alkohol, der deshalb als «Whisky-Krieg» bekannt ist: Dänische Regierungsvertreter zogen bei ihren Kurzbesuchen jeweils ihre Flagge, den Dannebrog, auf und vergruben eine Flasche des Magenbitters Gammel Dansk. Ihre kanadischen Amtskollegen hissten die Ahornflagge und deponierten eine Flasche Crown-Royal-Whisky.
Phasenweise warben beide Länder sogar weltweit mit Google-Anzeigen. All das, um zumindest symbolisch ihre Gebietsansprüche zu untermauern. Damit ist jetzt Schluss – und so wurde die praktisch letzte Grenzstreitigkeit im Nordpolarraum beigelegt, sagt im Gespräch Katarina Kertysova, Arktis-Expertin beim European Leadership Network und beim Polar Institute. Das könnte zugleich ein positives Signal aussenden, wenn es künftig darum geht, auch im Ringen um Wirtschaftszonen und Einflusssphären zur See in der Arktis diplomatische Lösungen zu finden.
Regierungserklärungen
Auch Dänemarks Aussenminister Kofod betont die Wichtigkeit der jetzigen Einigung. Gerade jetzt, da die auf Regeln basierende Weltordnung anderswo erschüttert werde. «Wir sehen, dass autoritäre Führer Grenzen mit militärischer Gewalt verschieben», sagt Mélanie Joly, die kanadische Aussenministerin. Kanada und Dänemark liefern damit den Beweis, dass es auch anders geht. Der unblutigste Krieg der Welt ist zu Ende.