Darüber wird diskutiert: Es geht um einen zunächst abgelegten Vorschlag der EU-Kommission, dass Glyphosat in der EU weitere zehn Jahre genutzt werden darf. Hätte eine qualifizierte Mehrheit grünes Licht für dieses Vorhaben gegeben, wäre einer erneuten Zulassung durch die EU-Kommission nichts mehr im Weg gestanden. Weil sich aber keine ausreichende Mehrheit gefunden hat, geht der Streit nun in die nächste Runde.
Die Wirkung von Glyphosat: Glyphosat wird auch als Totalherbizid bezeichnet, es lässt Pflanzen absterben und wirkt auf so viele verschiedene Grünpflanzen wie kaum ein anderer Pflanzenvernichter. Wo Glyphosat versprüht wird, wächst kein Gras, Strauch oder Moos mehr. Der Wirkstoff wird vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt, um ein Feld frei von Unkraut zu halten, bevor Nutzpflanzen ausgesät werden. Er blockiert in den Gewächsen ein Enzym, das diese zur Herstellung lebenswichtiger Aminosäuren benötigen. Insekten, Vögeln und anderen Tieren kann durch das Mittel die Nahrungsgrundlage entzogen werden.
Hier kommt Glyphosat zum Einsatz: Der weitaus überwiegende Teil entfällt auf die Landwirtschaft. Das Mittel wird aber auch im Gartenbau eingesetzt. Auch im eigenen Garten und indirekt im Supermarkt begegnen Verbraucherinnen und Verbraucher dem Wirkstoff. Wegen des Einsatzes in der Landwirtschaft finden sich auch Spuren von Glyphosat in Nahrungsmitteln.
Mögliche Gefahren des Pflanzenvernichters: Kritiker und Befürworter streiten unter anderem darüber, ob Glyphosat krebserregend sein könnte. Zudem stehen Gefahren für die Umwelt im Raum. Eine aufwendige Untersuchung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) hatte jüngst keine inakzeptablen Gefahren gesehen, aber auf Datenlücken in mehreren Bereichen hingewiesen. Zu den Aspekten, die nicht abschliessend geklärt wurden, gehören laut Efsa etwa ernährungsbedingte Risiken für Verbraucher und die Bewertung der Risiken für Wasserpflanzen. Auch mit Blick auf den Artenschutz liessen die verfügbaren Informationen keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu.
So stehen die Chancen für das umstrittene Mittel: Für eine qualifizierte Mehrheit wird die Zustimmung von mindestens 55 Prozent der EU-Staaten gebraucht, die gleichzeitig mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Obwohl eine solche Mehrheit für die weitere Verwendung von Glyphosat nicht gefunden wurde, sieht Glyphosat-Hersteller Bayer viel Gutes. Das Leverkusener Unternehmen betonte, dass sich eine – wenn auch zunächst nicht ausreichende – Mehrheit der EU-Staaten für eine erneute Zulassung ausgesprochen habe.
Geteilte Meinungen: Insbesondere deutsche EU-Abgeordnete diskutieren über den Vorschlag. Die Grünen-Europaabgeordnete und Chemikalienexpertin Jutta Paulus fordert angesichts des rapiden Artenverlusts eine klare Ablehnung einer möglichen Wiederzulassung. Auch das Umweltinstitut München vertritt diese Ansicht. FDP-Fraktionsvize Carina Konrad teilt jedoch mit, die Entscheidung über die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln müsse, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, wissenschaftlich fundiert und frei von politischen Stimmungen bleiben. Eine zukunftsfähige Landwirtschaft brauche angesichts globaler Krisen Handlungsspielräume statt Verbote ohne Alternativen. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien steht aber auch: «Wir nehmen Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt.»