Ausgelöst wurde der gegenseitige Beschuss durch eine Rakete, die nördlich der israelischen Stadt Tel Aviv einschlug. Sieben Menschen wurden verletzt. Die Rakete wurde aus dem südlichsten Gazastreifen über mehr als hundert Kilometer bis in die nördliche Agglomeration von Tel Aviv geschossen. «Das hat es zuletzt im Umfeld des Gaza-Kriegs vor fünf Jahren gegeben», sagt der ehemalige Nahost-Korrespondent und Auslandredaktor von SRF, Philipp Scholkmann.
Die Hamas sagt, dieser Abschuss sei ein Unfall, ein Versehen gewesen. «Sie ist im Gazastreifen in den letzten Wochen intern unter Druck geraten.» Es gebe die Spekulation, dass die Rakete als Ablenkung von diesen internen Problemen gedacht war, so Scholkmann.
Protestaktionen gegen die Perspektivenlosigkeit in diesem Palästinensergebiet haben zugenommen. «Diese wird einerseits Israel angelastet, das den Gazastreifen abriegelt. Aber zunehmend auch der Hamas, die ein islamistisches Regime führt und rücksichtslos gegen Proteste vorgeht.» Viele Jugendliche könnten das Regime nur schwer akzeptieren.
«In Israel stellt man sich auf die Position, dass die Hamas die Kontrolle über den Gazastreifen beansprucht und die Verantwortung dafür hat, was dort geschieht.» Neben der Hamas herrscht auch der pro-iranische Islamische Dschihad im Gebiet, und es existieren weitere kleinere Splittergruppen. Scholkmann schätzt, dass es sogar innerhalb des bewaffneten Arms der Hamas unterschiedliche Auffassungen über die Angriffe gibt.
Netanjahu zeigt Härte
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte, sein Land werde keine Provokation tolerieren und stets kompromisslos reagieren. Scholkmann gibt aber zu bedenken: «Es ist Wahlkampf in Israel. Das verleitet sicher zu Machtdemonstrationen.» Militärische Stärke zu zeigen sei das bewährte Gebiet von Netanjahu. Fast alle seiner Wahlkämpfe habe er mit dem Argument der Sicherheit gewonnen.
Der jetzige Wahlkampf sei aber insofern anders, als Herausforderer mit militärischem Leistungsausweis gegen den Routinier antreten. Der Langzeit-Premier stehe einem Bündnis gegenüber, das vom ehemaligen Generalstabschef Benny Ganz angeführt wird und in dem noch andere ehemalige Spitzenmilitärs versammelt sind. Und diese versuchen, Netanjahu das Sicherheitsargument streitig zu machen. «Das könnte ihn dazu verleiten, umso härter zu reagieren, um sich keine Blösse zu geben», vermutet der Auslandredaktor.
Haben die USA einen Einfluss auf den Konflikt?
Scholkmann glaubt, dass die Anerkennung der Golanhöhen als israelisches Staatsgebiet durch die USA Einfluss auf die Linien in der Debatte haben wird. Auch wenn die palästinensische Seite, Syrien und die UNO das Papier, das US-Präsident Trump am Montag unterschrieben hat, für null und nichtig erklärt haben. «Es schwächt die völkerrechtliche Position weiter. Das gilt auch für das umstrittene Jerusalem, das Trump ebenfalls einseitig den Israelis als Haupstadt zugesprochen hat.»