Die britischen Hoffnungen auf eine befriedigende Erklärung aus Moskau zum Giftanschlag in Salisbury sind gering, zumal der russische Aussenminister Sergej Lawrow schon am Dienstagnachmittag abgewinkt hatte.
Deshalb will sich der Nationale Sicherheitsrat heute Vormittag erneut in London treffen. Später wird Premierministerin Theresa May die Konsequenzen bekanntgeben: Sanktionen, Repressalien, Ausweisungen.
Sanktionen könnten Oligarchen treffen
Besonders verletzlich für Vergeltungsmassnahmen erscheinen die überaus zahlreich vorhandenen, schwerreichen russischen Oligarchen, die sich in den letzten 20 Jahren in London niedergelassen haben. Sie haben unermesslich teure Paläste erworben, schicken ihre Kinder in englische Privatschulen und machen ihre Geschäfte in der Londoner City.
Daran verdienen Londoner Anwälte, Makler, Vermögens- und Steuerberater natürlich gut. Die Anwesenheit der russischen Oligarchen ist mit ein Grund dafür, weshalb die City von Kritikern als die leistungsfähigste Geldwaschmaschine der Welt bezeichnet wird. 85'000 britische Immobilien gehören offiziell Briefkastenfirmen in Steueroasen – Einsicht in die Eigentumsverhältnisse ist kaum möglich.
Ein Angriff auf Putins Machtbasis
Die britischen Konservativen haben sich bisher gegen sogenannte Magnitsky-Gesetze gesträubt, die den russischen Oligarchen in Grossbritannien das Leben erschweren könnten. Das scheint sich seit dem Giftanschlag von Salisbury geändert zu haben.
Mit einem Sanktionsgesetz könnte Reichtum, der sich mutmasslich auf Menschenrechtsverletzungen oder Korruption gründet, eingefroren werden. Den Eigentümern könnten Visa entzogen werden, bis der Beweis des Gegenteils erbracht ist.
Solche Sanktionen, die London bisher ängstlich umgangen hat, würden Wladimir Putins Günstlinge in London – und damit indirekt seine Machtbasis – empfindlich treffen.