Was sind die jüngsten Entwicklungen in der Affäre Skripal? Zwei Wochen nach dem Gift-Attentat auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal begeben sich Experten der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) nach Grossbritannien. Sie sollen Proben des Nervengifts untersuchen, das bei dem Anschlag auf Skripal und dessen Tochter Yulia verwendet worden war. Wie das britische Aussenministerium in London weiter mitteilte, lässt die OPCW die Proben in renommierten, internationalen Labors überprüfen. Dies werde mindestens zwei Wochen dauern.
Was ist der Auslöser der Krise? Sergej und Yulia Skripal wurden nach britischen Angaben mit der Substanz Nowitschok vergiftet, die in der früheren Sowjetunion hergestellt wurde. Daher beschuldigt Grossbritannien den russischen Präsidenten Wladimir Putin als Drahtzieher. Sergej und Yulia Skripal waren am 4. März bewusstlos auf einer Parkbank im südenglischen Salisbury aufgefunden worden. Die beiden befinden sich auch zwei Wochen nach dem Giftanschlag in einem kritischen Zustand.
Was sagt London zum Anschlag? Nach den Worten von Premierministerin Theresa May gibt es für die Tat «keine andere Erklärung, als dass der russische Staat verantwortlich ist». Grossbritannien werde niemals Bedrohungen britischer Bürger durch Russland dulden. Gemäss dem britischen Aussenminister Boris Johnson hat Russland in den vergangenen zehn Jahren das verbotene Nervengift Nowitschok produziert. Dafür gebe es Beweise, sagt gegenüber der BBC.
Was sagt Russland zur Affäre? Moskau pocht bei der Aufklärung des Skripal-Falls auf eine eigene Untersuchung durch russische Ermittler und verlangt Zugang zu Proben und den Opfern. Der am Sonntag wiedergewählte Präsident Wladimir Putin hat die Vorwürfe gegen Russland als Unsinn bezeichnet . Russland besitze das militärische Nervengift nicht, das nach britischen Angaben bei dem Anschlag verwendet worden sei, sagte er. Ausserdem hätte es nach seinen Worten mehr Opfer gegeben, wenn dieses Gift verwendet worden wäre.
Was sind die politischen Konsequenzen? Der Streit hat sich zu einer schweren diplomatischen Krise zwischen den beiden Ländern entwickelt. Grossbritannien hatte Moskau ein Ultimatum zur Aufklärung des Attentats gestellt, das Russland aber ignorierte. Darauf erliess London Sanktionen. Dazu zählt die Ausweisung von 23 russischen Diplomaten und das Kappen bilateraler Beziehungen «auf hoher Ebene». Moskau holte darauf zum Gegenschlag aus und wies 23 britische Diplomaten des Landes. Zugleich wird das britische Kulturinstitut in Russland geschlossen.
Um was für ein Gift handelt es sich? Nowitschok (zu deutsch Neuling) gilt als einer der tödlichsten je erfundenen Kampfstoffe. Sowjetische Forscher entwickelten die Serie neuartiger Nervengifte in den 1970er und 1980er-Jahren. Es sind nur wenige Details bekannt. Nowitschok, oft in Form eines extrem feinen Pulvers, gelangt über Haut oder Atemwege in den Körper und führt meist binnen weniger Stunden zum Erstickungstod. Das Gift ist nur schwer nachzuweisen, die Überlebenschancen sind gering.
Der russische Diplomat Alexander Schulgin behauptete, dass auch der Westen Zugriff auf das Gift gehabt haben könnte. «Mit hoher Wahrscheinlichkeit» könne angenommen werden, dass der in Salisbury verwendete Stoff aus einem westlichen Labor stamme, sagte der russische Vertreter bei der Organisation für das Verbot chemischer Waffen. Er nannte ausdrücklich Grossbritannien und die USA. Gemäss russischen Angaben wurden sämtliche eigenen Chemiewaffenbestände zwischen 2002 und 2017 vernichtet.
Wer ist Skripal? Skripal soll ein ehemaliger russisch-britischer Doppelagent sein und den britischen Auslandsgeheimdienst MI6 über russische Agenten in Europa informiert haben. 2004 flog der ehemalige Oberst des russischen Militärgeheimdienstes GRU auf und wurde festgenommen. Er wurde zu 13 Jahren Lagerhaft verurteilt. Im Rahmen eines Gefangenenaustauschs kam er 2010 nach Grossbritannien.
Was ist der Stand der Ermittlungen? Nach Angaben von Scotland Yard könnten die Untersuchungen im Fall Skripal noch Monate dauern. Rund 400 Zeugen hätten bereits ausgesagt, Hunderte weitere sollen in den nächsten Tagen dazukommen. Etwa 250 Spezialisten der Anti-Terror-Polizei seien mit dem Fall beschäftigt.