Just auf seiner ersten Auslandsreise seit Beginn der Pandemie trifft sich Chinas Präsident Xi Jinping mit Kremlchef Wladimir Putin am Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) in der usbekischen Stadt Samarkand. Die gegenseitigen Freundschaftsbekundungen lassen aufhorchen, war doch China lange zurückhaltend, was seine Haltung im Ukraine-Krieg angeht.
Ein Blick aus chinesischer Sicht
Xi stütze damit Putin zumindest verbal, relativiert SRF-China-Korrespondent Samuel Emch. China unterstütze Russlands Kerninteresse, hiess es etwa, und die wirtschaftlichen Interessen sollen weiter vertieft werden. Das seien aber vage Aussagen. Die Worte, die Xi öffentlich an Putin richtete, seien nicht gerade überschwänglich ausgefallen, stellt Emch fest. Der Ukraine-Krieg dürfte die Beziehung belasten. Putin habe denn auch Verständnis dafür geäussert, dass China Fragen und Sorgen habe.
Die Worte, die Xi öffentlich an Putin richtete, waren nicht gerade überschwänglich.
Interessant war im Vorfeld auch, dass die russische Seite schon während Tagen über das Treffen der Staatschefs berichtete. Doch China bestätigte das bilaterale Treffen mit Putin nie.
Russland sei für die chinesische Führung in Bezug auf die wirtschaftlichen Beziehungen und damit auch Abhängigkeiten sicher sehr wichtig, sagt Emch. Gerade in den letzten beiden Monaten hat der Handel zwischen China und Russland wieder stark zugenommen und Russland sei mittlerweile zum wichtigsten Erdöllieferanten geworden. Ein enges Bündnis gebe es aber auch in der Ablehnung einer von den USA dominierten politischen Weltordnung.
Die Hoffnungen der Russen
Russland setze grosse Hoffnungen auf China mit Blick auf den Ukraine-Krieg und die westlichen Sanktionen, unterstreicht SRF-Auslandredaktor David Nauer: «Die Chinesen sollen russisches Gas und Öl kaufen, das der Westen nicht mehr will. Die Russen wollen alle Technologien beschaffen, die der Westen nicht mehr liefert.» Ebenso wolle Russland die militärische Zusammenarbeit stärken.
Putin besuchte Xi bereits im Februar in Peking. Für seinen Traum von einer «multipolaren Welt» und dem Ende der westlichen Vorherrschaft brauche er Verbündete, so Nauer. Diese finde er in Ländern wie dem Iran, Syrien, Nordkorea und anderen Diktaturen – und vor allem natürlich China: «Im Kreml träumen sie von einer Achse Moskau-Peking, die sich dem Westen entgegenstellt.»
Im Kreml träumen sie von einer Achse Moskau-Peking, die sich dem Westen entgegenstellt.
Das Problem sei, dass die Russen die Chinesen wohl viel mehr brauchen als umgekehrt, so Nauer: «Wirtschaftlich ist Russland ein Zwerg im Vergleich zu China. Technisch ist Russland rückständig und militärisch ist es auch nicht so stark, wie die Ukraine zeigt.» Auch kritische Stimmen in Russland glaubten nicht, dass das eine Partnerschaft auf Augenhöhe werde, sondern dass Putin Russland in erster Linie zu «Chinas Tankstelle» mache.
Es gibt auch Rivalitäten
Zudem hat China ebenso wie Russland Interessen in Zentralasien und begreift die dortigen Staaten als Teil seiner Einflusssphäre. Die Russen merkten, dass ihnen ihr ehemaliger Hinterhof abhandenkommen könnte, erklärt Nauer. Der Kreml reagiere darauf mit Charme und Drohungen zugleich. Das gelte etwa bei Kasachstan, wo russische Nationalisten davon träumten, das Land zu annektieren, um die dortige russische Minderheit zu befreien – also ähnliche Töne wie beim Angriffskrieg auf die Ukraine.