Die griechische Polizei hat am Dienstagmorgen ein von Flüchtlingen besetztes Eisenbahntrassee an der griechisch-mazedonischen Grenze bei Idomeni geräumt und mit der Organisation des Rücktransports Hunderter von Migranten nach Athen begonnen.
Überwiegend aus Afghanistan stammende Migranten hatten am Montag das Bahntrassee besetzt und den Bahnverkehr gestoppt. Damit protestierten sie gegen die Sperrung der Grenze durch Mazedonien.
900 Migranten zurückgeholt
Mit Bussen seien die gestrandeten Flüchtlinge aus der Grenzstadt Idomeni geholt worden, sagen Beobachter. Die Polizei bestätigte, dass rund 900 Migranten, die nicht als Syrer oder Iraker «automatisch» als Flüchtlinge eingestuft werden, ins Landesinnere gebracht werden.
Die mazedonischen Behörden hatten am Montag die Einreisebedingungen deutlich verschärft und lassen nur noch Syrer und Iraker ins Land, die weiter nach Österreich, Deutschland oder Skandiavien wollen. An den wichtigsten Grenzübergängen wurde ein Metallzaun mit Stacheldraht errichtet. Daraufhin versuchten Hunderte Flüchtlinge aus Afghanistan den Grenzübergang zu stürmen. An der Grenze zu Griechenland harren rund 4000 überwiegend aus dem Irak und Syrien stammende Menschen aus.
Verzweifelte Menschen
«Es ist eine einigermassen unübersichtliche Situation» sagt Dirk Emmerich gegenüber Radio SRF 4 News. Emmerich befindet sich vor Ort in Idomeni und berichtet von dort für RTL und NTV. Zwar hätten Hilfsorganisationen die Flüchtlinge in den vergangenen Wochen ausreichend mit Nahrung und Kleidung versorgt. Trotzdem seien viele der Gestrandeten, bei den meisten handelt es sich wohl um Afghanen, der Verzweiflung nahe, so Emmerich weiter. «Sie begreifen nicht, warum es Flüchtlinge erster und zweiter Klasse gibt.»
Was mit den nun ins griechische Landesinnere abtransportierten Flüchtlingen geschieht, ist nicht ganz klar. Laut Emmerich hatten nach einer ähnlichen Aktion im vergangenen November, damals waren die Betroffenen Iraner, die Erlaubnis erhalten, sich 30 Tage in Griechenland aufzuhalten, hätten dann aber wieder in Richtung ihres Herkunftslandes ausreisen müssen – oder sollen.
«Ob die Griechen in der Lage sind, das zu kontrollieren, bezweifle ich allerdings», sagt der Korrespondent. Wahrscheinlicher sei, dass sich die Flüchtlinge weiterhin illegal in Griechenland aufhalten und versuchen, auf irgend einer anderen Route zu ihrem Ziel – meist Deutschland – zu gelangen.
Zustrom aus der Türkei reisst nicht ab
Allein am Dienstagvormittag kamen derweil in Piräus erneut mehr als 1250 Migranten an, die an den Vortagen aus der Türkei zu den Ostägäisinseln übergesetzt hatten. Einige hatten bereits Bustickets nach Idomeni.
Am späten Montagabend waren 1200 Migranten angekommen, von denen die meisten aus Afghanistan stammen oder keine Reisedokumente haben. Diese werden vorerst in Piräus festgehalten und in einer Hafenhalle, einem Auffanglager und zwei Sporthallen untergebracht. Die meisten wollen laut Medienberichten versuchen, auf eigene Faust weiter nach Norden zu reisen.
Slowenien hat Armee aufgeboten
Die Balkanroute entwickelt sich immer mehr zum Nadelöhr für die Flüchtlinge. Die österreichischen Obergrenzen und Massnahmen der anderen Balkanstaaten haben einen Rückstau verursacht, der nun Griechenland erreicht.
Seit Ungarn seine Grenze zu Kroatien im Oktober geschlossen hat, weichen immer mehr Menschen nach Slowenien aus, um weiter nach Österreich, Deutschland und Skandinavien zu gelangen. Die Regierung in Ljubljana hat zur Sicherung seiner Grenze zu Kroatien auch die Armee aufgeboten.
Österreich akzeptiert noch 80 Asylbewerber pro Tag und will höchstens 3200 Flüchtlinge pro Tag durchreisen lassen. Dänemark verlängerte die wegen der Flüchtlingskrise eingeführten Kontrollen an der Grenze zu Deutschland um zehn Tage bis zum 4. März. Die Regierung in Kopenhagen befürchet, dass viele Flüchtlinge, die nach Schweden wollen, wegen der schwedischen Grenzkontrollen in Dänemark stranden.