Im westafrikanischen Staat Guinea ist laut Medienberichten ein Putschversuch unternommen worden. Aufgrund widersprüchlicher Angaben ist zurzeit nicht klar, ob die Putschisten sich durchsetzen konnten. Auch der Verbleib des Präsidenten Alpha Condé ist unbekannt. SRF-Afrika-Korrespondentin Anna Lemmenmeier beschreibt die Lage.
SRF News: Was weiss man zurzeit über die Lage in Guinea?
Anna Lemmenmeier: Nach wie vor ist sehr vieles unklar. Gestern waren Schüsse in der Nähe des Präsidentenpalastes zu hören. Auch Militärfahrzeuge wurden in der Hauptstadt Conakry gesichtet. Dann, am späteren Nachmittag, haben neun Militärs eine Ansprache im nationalen Fernsehen gehalten. Sie haben behauptet, sie hätten Präsident Alpha Condé abgesetzt, die Regierung sei aufgelöst, die Verfassung ausgesetzt, die Grenzen geschlossen. Es gilt eine Ausgangssperre.
Präsident Condé ist letztes Jahr in einer umstrittenen Wahl zum dritten Mal zum Präsidenten gewählt worden. Er hatte dafür die Verfassung geändert.
Aber das Verteidigungsministerium sagt, die Lage sei unter Kontrolle, man habe den Putsch abgewehrt. Und von Condé wissen wir nicht, wo er ist. Es kursieren Videos und Fotos von ihm in Begleitung von Militärs. Die Putschisten sagen, es gehe ihm gut. Er hat sich nicht zu Wort gemeldet.
Was sind die Ziele der Menschen hinter dem Putsch?
Es ist eine Gruppe von Elitesoldaten rund um Colonel Mamadi Doumbouya, die sich «Comité National du Rassemblement et du Development» nennt. Sie haben bei der Fernsehansprache gesagt, dass das Militär eingreifen musste, weil so viel Armut und Korruption im Land herrsche. Man muss dazu sagen, dass Condé letztes Jahr in einer umstrittenen Wahl zum dritten Mal zum Präsidenten gewählt worden war. Er hatte dafür die Verfassung geändert. Das kam in weiten Teilen des Landes gar nicht gut an. Es gab Proteste mit Dutzenden Toten. Unmut gegenüber dem Präsidenten ist also nicht nur vonseiten des Militärs da.
In Conakry haben sich die Ereignisse am Sonntag überschlagen. Wie fielen die Reaktionen auf diesen Putschversuch aus?
Gestern waren in den sozialen Medien Videos von feiernden Menschen in den Strassen von Conakry zu sehen. Wegen der umstrittenen Wahl dürften manche Leute diesen Putsch teilweise begrüssen.
Es wichtig, dass vor allem die regionalen Organisationen sehr schnell reagieren und den Putsch verurteilen.
Es gab auch international schnell Reaktionen, etwa von UNO-Generalsekretär Antonio Guterres, von der Afrikanischen Union und der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft. Es ist schon der vierte Putschversuch in Westafrika innerhalb eines Jahres. Deswegen ist es wichtig, dass regionale Organisationen reagieren und das verurteilen.
In Mali gab es schon zwei Putschversuche dieses Jahr. Weshalb?
Einerseits wissen wir, dass Länder, in denen es schon einmal einen Putsch gegeben hat, viel anfälliger sind dafür, dass es weitere Putschversuche gibt. In Guinea gab es bereits drei Putsche und viele Putschversuche seit der Unabhängigkeit. Das ist auch in Mali der Fall. Und oft hat das Militär in diesen Ländern einen hohen Stellenwert.
Putsche helfen sicher nicht, die instabile Sicherheitslage in der Sahelzone unter Kontrolle zu kriegen.
Falls sich die Putschisten in Guinea an der Macht halten können, was würde das für die gesamte Region bedeuten?
Das ist meiner Meinung nach eine brandgefährliche Entwicklung. Die Demokratie in Westafrika ist im Abwärtstrend. Die ganze Sahelzone ist sehr instabil, Dschihadisten und Verbrecherbanden breiten sich in sehr vielen Ländern aus. Putsche helfen sicher nicht, die instabile Sicherheitslage in der Sahelzone unter Kontrolle zu kriegen.
Das Gespräch führte Susanne Stöckl.