Während der letzten 25 Jahre war der Handel mit Körperteilen bedrohter Tierarten in China verboten. Nun will das Land das Verwenden von Nashorn-Hörnern und Tigerknochen für bestimmte Zwecke wieder erlauben – für die traditionelle chinesische Medizin zum Beispiel. Zertifizierte Spitäler dürfen die Tierteile wieder verwenden, wenn die Tiere aus Zuchtfarmen stammen. Doch die Teil-Legalisierung birgt die Gefahr eines Graubereichs, sagt Martin Aldrovandi.
SRF News: Was wird in der chinesischen Medizin mit diesen Körperteilen gemacht?
Martin Aldrovandi: Sie finden zum Beispiel in Form von Pulver Verwendung, in Medikamenten gegen Fieber, als Potenzmittel oder als Mittel gegen Zahnschmerzen – also gegen alle möglichen Leiden.
China beteuert, der Handel solle streng reguliert werden. Ist das realistisch?
Das ist schwierig. Tierschutzorganisationen bemängeln schon jetzt die Zucht von Tigern in chinesischen Farmen. Wenn ein Teil legal ist, besteht die Gefahr eines grossen Graubereichs, in dem legaler und illegaler Handel vermischt werden. Der Konsument weiss nicht mehr, woher diese Tiger oder Nashörner wirklich stammen. Kommt hinzu, dass eine Teil-Legalisierung wohl auch die Nachfrage ankurbeln wird.
Könnte die neue Bestimmung nicht auch helfen, den Schwarzmarkt einzudämmen?
Das ist eher unrealistisch. Vor ein paar Jahren hat China beispielsweise gesagt: Wir kaufen in Afrika legal Elfenbein ein. Die Tonnen an Elfenbein wurden an lizenzierte Elfenbein-Manufakturen in ganz China weiterverkauft, damit diese ihr Kunsthandwerk weiter pflegen können.
Unter dem Deckmantel des legalen Elfenbeins wurde eben auch illegaler Elfenbein-Handel betrieben.
Das wurde damals von einigen Tierschützern sogar begrüsst. Doch später hat man gemerkt, dass das ein grosser Fehler war: Unter dem Deckmantel des legalen Elfenbeins wurde eben auch illegaler Elfenbein-Handel betrieben – und zwar so massiv, dass die Regierung letztes Jahr den Elfenbein-Handel mit wenigen Ausnahmen dann komplett verboten hat.
China hatte 1993 den Handel mit Nashorn-Hörnern und Tigerknochen verboten. Jetzt diese Aufhebung des Verbots. Woher dieser Gesinnungswandel?
Die Regierung hat sich dazu nicht im Detail geäussert. Aber es gibt schon seit einigen Jahren Bemühungen, vor allem von traditionellen chinesischen Einrichtungen, dass diese Stoffe wieder zugelassen werden. Es wird befürchtet, dass die chinesische Medizin Schaden nehmen könnte.
Das Gespräch führte Daniel Eisner.