- Der amtierende US-Präsident Donald Trump hat in einem ungewöhnlichen Telefonat auf eine nachträgliche Änderung des Ergebnisses im Bundesstaat Georgia gedrängt.
- In dem etwa einstündigen Gespräch forderte der 74-Jährige den für die Durchführung der Wahl verantwortlichen Staatssekretär auf, genügend Stimmen für ihn «zu finden» und das Ergebnis «nachzuberechnen».
- Die Washington Post veröffentlichte dazu am Sonntag Teile eines Mitschnitts des Gesprächs.
- Später berichteten weitere US-Medien, darunter die Nachrichtenagentur AP, über den Inhalt des Anrufs.
Im Telefonat drohte Trump dem Staatssekretär Brad Raffensperger, dass dieser ein «grosses Risiko» eingehe und sich womöglich einer Straftat schuldig mache, wenn er nicht gegen Wahlbetrug vorgehe.
Später schrieb der US-Präsident auf Twitter über das Gespräch und beschimpfte seinen Parteikollegen als «ahnungslos».
«Was Sie sagen, ist nicht wahr»
«Ich will nur 11'780 Stimmen finden ... weil wir den Bundesstaat gewonnen haben», sagte er dem Mitschnitt zufolge weiter. Es sei nichts falsch daran zu sagen, dass der Staatssekretär die Stimmen neu berechnet habe, so Trump. An dem Telefonat nahmen laut der «Washington Post» auch Trumps Stabschef Mark Meadows und Anwälte des Republikaners teil.
Raffensperger entgegnete dem Mitschnitt zufolge: «Wir müssen zu unseren Zahlen stehen. Wir glauben, unsere Zahlen stimmen.» Der Staatssekretär verwies auch darauf, dass die Ergebnisse vor Gericht Bestand gehabt hätten. Auf Twitter schrieb er später mit Bezug auf Trumps Behauptungen: «Mit Respekt, Herr Präsident: Was Sie sagen, ist nicht wahr.»
«Dreister Machtmissbrauch»
Der amtierende Präsident hatte Georgia bei der Wahl vom 3. November sehr knapp verloren. Der Demokrat Joe Biden lag dort mit etwa 12'000 Stimmen vorne. Das Endergebnis änderte sich auch nach zweimaligem Nachzählen nur geringfügig, es gab keine Hinweise auf Wahlbetrug.
Die Demokraten reagierten entsprechend entrüstet auf Trumps Drängen per Telefon. Die gewählte Vizepräsidentin Kamala Harris bezeichnete das Vorgehen als «dreisten Machtmissbrauch», der die Stimme der Verzweiflung erkennen lasse. Der frühere demokratische Präsidentschaftsbewerber Julian Castro äusserte sich auf Twitter: «Der Präsident der Vereinigten Staaten erpresst die Verantwortlichen der Bundesstaaten, um zu versuchen, die Wahl zu stehlen, die er verloren hat.»
Am Mittwoch wird es amtlich
Trump weigert sich weiterhin, den Sieg des Herausforderers Joe Biden anzuerkennen. Dieser soll am 20. Januar als neuer Präsident vereidigt werden. Im formalen Wahl-Prozedere der USA steht am Mittwoch noch die Zertifizierung der Ergebnisse aus den einzelnen Bundesstaaten im Kongress an. Erst dann wird amtlich sein, wer die Wahl gewonnen hat.
Republikaner aus dem Repräsentantenhaus und dem Senat haben angekündigt, bei der Prozedur Einspruch gegen Resultate einzelner Staaten einzulegen. Die Störaktion kann die Bestätigung von Bidens Wahlsieg um einige Stunden verzögern, hat aber keine Aussicht darauf, tatsächlich etwas am Wahlausgang zu ändern.