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Heisse Luft am Brenner-Gipfel Drei Länder, ein Ziel, kein Plan

«Wir wollen mehr Güter auf die Schiene bringen!», war man sich in München einig. Es bleibt eine Absichtserklärung.

Darum geht es: Auch unsere Nachbarn diskutieren seit Jahrzehnten über die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene. Am Brenner-Transit-Gipfel in München haben die Verkehrsminister aus Deutschland, Österreich, Italien und Bayern nun gemeinsam erklärt: «Wir wollen mehr Güter auf die Schiene bringen, um die Brenner-Transitstrecke zu entlasten.» Am Treffen nahmen auch die Regierungschefs aus Tirol, Südtirol und Trentino teil.

Norbert Hofer am Brenner-Gipfel in München.
Legende: FPÖ-Mann Norbert Hofer amtet in der neuen österreichischen Regierungskoalition als Verkehrsminister. Er reist ohne echte Resultate zurück nach Wien. Keystone

Deswegen herrscht Stillstand: Bei dem Treffen blieb es – wieder einmal – bei einer reinen Absichtserklärung. SRF-Auslandredaktor Joe Schelbert macht für den ewigen Stillstand in der Brenner-Frage die unterschiedlichen Interessen der involvierten Länder und Regionen verantwortlich. Kurz: «Die Holländer, Deutschen und Italiener wollen durchs Silltal durchfahren. Die Tiroler leiden darunter.» Allein: Den Tirolern fehlten die Druckmittel.

Die grosse Freiwilligkeit: Konkret hätten die Tiroler keine Handhabe, die «Verächter» zum Einlenken zu zwingen, etwa auf andere Routen umzuschwenken: «Es fehlt auch an Druckmitteln, in der Europäischen Union eine andere Transportpolitik einzuführen. Solange alles auf Freiwilligkeit basiert, passiert nun einmal nichts», so der Österreich-Experte. Gefragt sei die Politik, die konkrete Lösungen vorantreibe: «Sonst wird nichts passieren.»

Steigendes Verkehrsaufkommen

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Rund 2,25 Millionen Lastwagen haben nach Angaben der Autobahn-Gesellschaft Asfinag 2017 die Mautstelle Schönberg an der Brenner-Autobahn passiert, acht Prozent mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Pkw stieg um rund fünf Prozent auf 11,6 Millionen. Zum Vergleich: Durch die Schweizer Alpen fuhren 2016 975'000 Lkw (Quelle: Bundesamt für Verkehr).

Wien setzt Druck auf: Österreich hat nun mit der «Blockabfertigung» am Brenner begonnen: Es lässt an bestimmten Tagen nur noch 300 Lastwagen pro Stunde durch. Das führt wiederum zu grossen Staus in Deutschland und Italien. «Erst deswegen waren die beiden Länder überhaupt bereit, an den Verhandlungstisch zu sitzen», sagt Schelbert. Eine nachhaltige Lösung könne der provozierte Stau in den Nachbarländern aber nicht sein.

Stau an der deutsch-österreichischen Grenze
Legende: Österreichs Druckmittel ist derzeit recht simpel: Stau in Fahrrichtung Brenner. Keystone

Die Preisfrage auf der Strasse: Um eine Entlastung zu erwirken, könnte der bislang viel zu günstige Transitpreis zwischen Kufstein und Verona angehoben werden, meint Schelbert. Das Tirol verlangt dies schon lange. Aufgrund des günstigen Preises nehmen jährlich Hunderttausende Lastwagen den längeren Weg über den Brenner auf sich, statt auf die Schiene umzuschwenken. Um an der Preisschraube zu drehen, braucht es allerdings eine europäische Einigung: «Und das ist nicht sehr realistisch», so Schelbert.

Die Verlagerung auf die Schiene: Derzeit baut Österreich gemeinsam mit Italien am Brennerbasistunnel. Er wird den Gotthard-Basistunnel dereinst als längsten Eisenbahntunnel der Welt ablösen. «Allerdings müssen auch die Zubringerstrecken ausgebaut werden. Und hier hapert es», sagt Schelbert. Generell würden weder Italien noch Deutschland darauf drängen, Kosten für den Ausbau des Schienenverkehrs zu übernehmen.

Parallelen zur Schweiz

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Die Schweiz kennt ähnliche Probleme wie Österreich bei der Verlagerung von der Strasse auf die Schiene. So hätte die Rheintalstrecke von Deutschland schon längst ausgebaut werden müssen. Schliesslich vorfinanzierte der Bund den Ausbau des italienischen Schienennetzes mit einem dreistelligen Millionenbetrag, um sein Verlagerungsziel auf der Gotthardroute zu erreichen.

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