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Hin und Her um Plattform Tiktok-Wirrwarr in den USA: In China reibt man sich die Augen

Verboten, doch nicht verboten, vielleicht doch verkaufen? In Peking weiss man jetzt: Mit Trump kann man über alles verhandeln.

Darum geht es: Die Kurzvideo-Plattform Tiktok war am Sonntag in den USA nur rund zwölf Stunden gesperrt, dann war sie wieder online. Tiktok begründete die Wiederaufschaltung damit, dass der designierte US‑Präsident Donald Trump versichert habe, dass es gegen den US‑Dienstleister von Tiktok vorerst keine Strafen geben werde. Laut einem US-Gesetz hätte Tiktok in den USA bis am Sonntag verkauft werden oder vom Netz gehen müssen. Die USA sehen in der Plattform ein Sicherheitsrisiko, weil sie der chinesischen Firma Bytedance gehört.

So geht es weiter: Trump stellte Tiktok eine zusätzliche Frist von drei Monaten in Aussicht. Am Wochenende schlug er zudem vor, dass ein US‑Unternehmen 50 Prozent von Tiktok kaufen könnte. So könnten die Vorgaben des Gesetzes womöglich erfüllt und die 170 Millionen Nutzerinnen und Nutzer in den USA – und dazu gehört auch Trump höchstpersönlich – die Plattform weiterhin nutzen. Er werde gleich nach der Inauguration am Montag eine Fristverlängerung per Präsidentenerlass verfügen, liess Trump mitteilen.

China-Experten sprechen von den USA schon als einer ‹Bananenrepublik›.
Autor: Samuel Emch China-Korrespondent von Radio SRF

Die Vorgeschichte: Tiktok und sein chinesischer Mutterkonzern Bytedance weigerten sich in den vergangenen Monaten stets, eine Trennung überhaupt in Erwägung zu ziehen. In den USA wird befürchtet, dass die chinesische Regierung sich Zugang zu Tiktok-Daten von Amerikanern verschaffen und über die Plattform die öffentliche Meinung beeinflussen könne. Die chinesischen Unternehmen weisen die Vorwürfe zurück. Trotzdem verabschiedete der US-Kongress letzten Frühling das entsprechende Gesetz, das inzwischen auch vom obersten US-Gerichtshof als gültig beurteilt wurde und am 19. Januar in Kraft trat.

Hand hält Smartphone mit Video eines Mannes in roter Mütze.
Legende: Der designierte neue US-Präsident Trump nutzt Tiktok ebenfalls höchstpersönlich. Reuters/Shannon Stapleton

So reagiert man in China: Die offiziellen Reaktionen in Peking auf die Vorgänge in den USA rund um Tiktok seien verhalten, sagt SRF-Korrespondent Samuel Emch. Man hoffe auf ein «offenes, faires und diskriminierungsfreies Geschäftsumfeld für alle Marktteilnehmer» habe es vom chinesischen Aussenministerium bloss geheissen. Emch nennt es «eine auffällige Zurückhaltung». Man staune in Peking vor allem darüber, dass ein Gesetz, das vom US-Parlament und beiden Parteien abgesegnet und vom obersten US-Gericht als gültig bezeichnet wurde, nun doch plötzlich zumindest vorläufig nicht gelten soll. «China-Experten sprechen von den USA schon als einer ‹Bananenrepublik›», so Emch.

Bytedance schweigt: Seit längerem keinen Kommentar zu den Vorgängen in den USA gibt die Tiktok-Mutterfirma Bytedance ab. Dass man den öffentlich ausgetragenen Kampf ums Überleben in den USA der Tochter Tiktok überlasse – sie hat ihre beiden Hauptsitze in Los Angeles und Singapur –, habe wohl strategische Gründe, so der Korrespondent. «Man weiss, dass man als chinesischer Techgigant in den USA nichts gewinnen kann.» Der zweite Grund, warum Bytedance sich aus dem Streit um ihrer Tochter Tiktok in den USA herausgehalten hat, liege darin, dass ein Tiktok-Verkauf von der Regierung in Peking wohl blockiert würde.

Dieses Signal sieht Peking: «Mit Trump ist alles verhandelbar», beschreibt Emch die Schlüsse, die China aus dem Hin und Her rund um Tiktok in den USA ziehen müsse. Seien es Zölle, Handelshemmnisse oder geltende Gesetze – mit Trump kann über alles gesprochen werden. «Grundsätzlich stärkt das Peking mit Blick auf die kommenden vier Jahre den Rücken», bilanziert der Korrespondent.

SRF 4 News aktuell, 20.1.2025, 9:30 Uhr ; 

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