Das Treffen zwischen dem US-Präsident Donald Trump und Kim Jong-un ist noch im Gang, die Gespräche aber abgeschlossen. Wie das Treffen einzuordnen ist, sagen die USA-Korrespondentin Isabelle Jacobi und Nordostasien-Korrespondent Martin Aldrovandi.
SRF News: Was sind denn Ihre Eindrücke von diesem Treffen?
Isabelle Jacobi: Es war zweifellos ein historischer Moment, wenn auch ein sehr kurzer. Der Moment des Händeschüttelns zwischen Donald Trump und Kim Jong-un dauerte genau 13 Sekunden. Aus meiner Sicht ergab sich auch eine gewisse Situationskomik. Die zwei Staatsoberhäupter kamen von zwei Seitenflügeln des Hotels in Singapur und betraten synchron den roten Teppich, wie von unsichtbarer Hand geschubst. Beide lächelten nicht. Der Auftritt war kontrolliert, streng nach Protokoll. Trump schaffte es aber doch, noch ein paar seiner üblichen Überlegenheitgesten zu machen. Er zeigte Kim Jong-un den Weg, berührte seinen Rücken und dieser schien einen Moment lang tatsächlich unsicher, wo lang es geht.
Überlegenheitgesten gegenüber Kim Jong-un: Wie kommenden diese Bilder in Nordkorea an?
Martin Aldrovandi: In Nordkorea kommen solche Bilder mit Verzögerung an. Das war schon beim Treffen im April zwischen Südkoreas Präsidenten Moon Jae-in und Kim Jong-un so. Die nordkoreanischen Medien veröffentlichen die Bilder selektiv. Sie haben aber Bilder von gestern publiziert, zum Beispiel diese Sightseeing-Tour von Kim Jong-un in Singapur, als er sich den wirtschaftlichen Erfolg von Singapur ansah. Das zeigt eine gewisse oder relative Offenheit.
Es ist zumindest der erste offizielle Besuch Kims als Machthaber von Nordkorea im nichtsozialistischen Ausland. Und nun kommen noch die Bilder mit dem Handschlag mit dem US-Präsidenten. Auch wenn dieser ihm ein bisschen auf die Schulter geklopft hat, ist ds nicht so schlimm. Diese Bilder sind für die nordkoreanische Propaganda wertvoll, weil sie Kim und Trump auf Augenhöhe zeigen.
Zentrales Thema ist die nukleare Abrüstung von Nordkorea. Was braucht es denn, damit das Treffen wirklich ein Erfolg wird?
Martin Aldrovandi: Bis jetzt würde ich sagen, lief es einigermassen gut. Die beiden haben gerade zu Mittag gegessen. Es wurden schon mehrmals freundliche Worte ausgetauscht. Die Frage ist, was am Schluss in dieser gemeinsamen Erklärung gesagt wird, ob man sich bei der atomaren Abrüstung auf eine gemeinsame Definition einigen kann. Dasselbe gilt auch für eine Sicherheitsgarantie, für die Wirtschaftshilfe, für Sanktionen und so weiter. Dafür wird es wohl noch einige weitere Treffen brauchen. Heute wird man einfach eine gute Basis legen können und gegenseitiges Vertrauen schaffen.
Ist gegenseitiges Vertrauen das, was erwartbar ist? Oder gibt es konkrete Fortschritte bei diesem Treffen?
Isabelle Jacobi: Dieses Treffen ist ein Start und deshalb nicht zu unterschätzen. Es ist ein Fortschritt, denn es gibt immerhin einen Dialog auf höchster Ebene. Das ist früheren Regierungen nicht gelungen. Beide Länder sind sichtlich bemüht, zu einem handfesten Resultat zu kommen. Man weiss laut US-Medien, dass US-Diplomaten in quasi letzter Minute nach dem Wortlaut einer möglichen Erklärung gesucht haben. Der Punkt ist, wie Martin Aldrovandi gesagt hat, die nukleare Abrüstung: Was ist Nordkorea zu geben oder schon nur zu deklarieren bereit? Was kann die USA geben, welche Sicherheitsgarantien? Wichtig ist der Prozess, wie es nach dem Treffen weitergeht. Daran lässt sich der Erfolg schliesslich messen.
Wie angespannt verfolgt eigentlich die Region rund um Nordkorea dieses Treffen?
Martin Aldrovandi: Es wird in Südkorea, in Japan und auch in China verfolgt. China befürwortet das Treffen, will aber auch sicherstellen, dass es in dieser Annäherung nicht aussen vor gelassen wird. Deshalb hat es zum Beispiel den Transport von Kim Jong-un organisiert.
Südkoreas Präsident Moon Jae-in hat das Treffen heute Morgen mit seinen Regierungsmitgliedern auf einem grossen Bildschirm verfolgt. Auch für ihn steht viel auf dem Spiel. Er befürwortet diese Annäherung, er ist die treibende Kraft dahinter. Skeptisch ist dagegen Japans Regierung Premier Shinzo Abe. Er verfolgt eine harte Nord-Korea Politik. Japan will zum Beispiel, dass das Problem der japanischen Geiseln in Nordkorea gelöst wird. Da hofft man, dass man langfristig Gehör finden wird.
Das Gespräch führte Roger Aebli.