Heute dürften Supermärkte in mehreren südosteuropäischen Ländern leerer sein als üblich. Seit einigen Wochen boykottieren Konsumentinnen und Konsumenten jeweils freitags die grossen Supermarktketten – aus Protest gegen die steigenden Preise. Was hinter den Boykotten steckt, weiss SRF-Auslandredaktor Janis Fahrländer.
Wie funktioniert der Boykott?
Angefangen hat die Bewegung Ende Januar in Kroatien. Ins Leben gerufen wurde sie von einer Facebook-Gruppe, die von einer Konsumentenorganisation unterstützt wird. Über Social Media verbreitete sich der Aufruf rasch, und auch etablierte Organisationen wie Gewerkschaften und Parteien schlossen sich an. Bereits eine Woche später fanden sich Nachahmer in anderen Ländern: In Bosnien-Herzegowina, Serbien, Montenegro sowie in Nordmazedonien und Bulgarien folgten ähnliche Boykottaufrufe.
Was ist dran an den steigenden Preisen auf dem Balkan?
Seit dem russischen Überfall auf die Ukraine kämpfen alle Länder des Balkans mit der Inflation. Besonders die steigenden Lebensmittelpreise belasten die Menschen, da die Löhne in der Region tief sind. Besonders betroffen ist Kroatien, wo die Bewegung ihren Ursprung hat. Das Land verzeichnet derzeit die höchste Inflationsrate der Eurozone. Viele empört zudem, dass bestimmte Markenprodukte teurer sind als in wohlhabenderen Ländern.
Wie effektiv ist der Boykott?
Der Boykott zeigt in allen betroffenen Ländern Wirkung. In Kroatien etwa brachen die Umsätze an den Boykott-Tagen im Vergleich zu normalen Tagen um rund 40 Prozent ein, wie Daten der Steuerbehörde zeigen. Auch in den anderen Ländern belegen Zahlen die Wirkung des Boykotts. Auf Social Media werden an den Boykott-Tagen Bilder von leeren Supermärkten geteilt, was die Menschen zusätzlich bestärkt.
Wie reagieren Supermärkte und die Politik?
Der Boykott zeigt bereits erste Erfolge. In Kroatien hat die Regierung die Liste der Grundprodukte mit gedeckelten Preisen um 40 weitere Artikel erweitert, darunter Käsesorten, Kaffee und Haushaltsprodukte wie Seife. Diese Liste essenzieller Güter mit Preisobergrenzen wurde erstmals 2022 eingeführt. Auch die Regierung der Föderation Bosnien Herzegowina, eine der beiden Entitäten Bosniens, hat für drei Monate den Preis von 65 Produkten eingefroren. Aber auch die Supermarktketten haben reagiert und Preisreduktionen angeordnet.
Wie nachhaltig können die Massnahmen sein?
Die Preissenkungen sind ein kurzfristiger Erfolg. Expertinnen und Experten bezweifeln jedoch, dass die Boykotte langfristig zu sinkenden Preisen führen werden. Äussere Faktoren haben einen grossen Einfluss auf die Inflationsentwicklung. Es wird auch befürchtet, dass die im Frühjahr beginnende Tourismussaison den Boykott untergraben könnte. Touristinnen und Touristen neigen dazu, weniger aufs Geld zu achten. Die Supermärkte könnten so die durch den Boykott zugefügten Verluste wieder ausgleichen.