258 neue Fälle am Montag, 528 noch am Sonntag, 228 am Samstag – die Zahl der Neuinfizierten in Italien liest sich wie eine Fieberkurve. Giuliano Rizzardini, Chef der Abteilung ansteckender Krankheiten am Sacco-Spital in Mailand, interpretiert die Ansteckungsraten in Italien seit dem 24. Februar so: «Abgesehen von einigen zu vernachlässigenden statistischen Abweichungen, steckt jeder Neuerkrankte mindestens zwei weitere Personen an. Eben deshalb müssen wir die Kette dieser Ansteckungen unbedingt unterbrechen.»
Hohes Durchschnittsalter im «Bel Paese»
Der Rückgang jetzt zu Wochenbeginn wird deshalb auch mit Vorsicht gelesen. Noch sei es zu früh, eine Umkehr der Tendenz zu bestätigen. Frühestens Ende dieser Woche, also nach 14 Tagen Inkubationszeit von dem Tag an gerechnet, als der erste Patient in der Provinz Lodi in der Lombardei entdeckt wurde, müssten im besten Fall der Fälle immer weniger Ansteckungsfälle auftreten oder die Zahl der Angesteckten sogar dank immer neuer Genesungen zurückgehen.
Gleichzeitig steigt aber auch die Zahl der Todesfälle. Experten erklären die höhere Todesrate durch Covid-19 in Italien gegenüber den Fallzahlen in China oder Süd-Korea durch das höhere Durchschnittsalter der Bevölkerung. Prozentual mehr Menschen in Italien gehören zur sogenannten Risikogruppe ab 65 Jahren. Die berühmte Langlebigkeit im «Bel Paese» wird im Fall Corona zu einem Handicap.
Hohe Kontrolldichte
Auch wird aber immer wieder hervorgehoben, dass dank des staatlichen Gesundheitssystems in Italien die flächendeckende Versorgung und das bisherige Screening möglicher Infizierter sehr intensiv ist. Zahlen von Montag sprechen von 23'345 Abstrichen, so viele wie in keinem anderen Land in Europa im Verhältnis zur Einwohnerzahl. Auch deshalb würden so viele Infektionsfälle auftauchen – nicht nur unter Patienten, welche noch unter weiteren Komplikationen leiden.
Durch das neue Messprotokoll, nur noch symptomatische Personen – also jene mit klaren Anzeichen einer Erkrankung – einem Corona-Test zu unterziehen, hofft man in Italien jetzt, die Zahlen besser in den Griff zu bekommen.
«Seit Ausbruch dieser Infektion steht uns die vielleicht schwierigste Woche bevor», sagt der Präsident der Region Lombardei Attilio Fontana. «Die nächsten Tage sind entscheidend und werden zeigen, ob unsere Mühe, das Virus einzudämmen, Früchte trägt.»
Der 67-Jährige hat sich selbst schon unter Quarantäne gestellt, seitdem eine Mitarbeiterin positiv getestet wurde. Zudem wurde auch noch ein Mitglied seiner Regionalregierung, der Verantwortliche für wirtschaftliche Angelegenheiten, wegen akuten Beschwerden und einem positiven Test ins Krankenhaus von Brescia eingeliefert.
Nicht nur die Lombardei, ganz Italien hält in Sachen Coronavirus weiter den Atem an.