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US-Regierung kündigt Abrüstungsvertrag mit Russland auf
Aus Echo der Zeit vom 01.02.2019. Bild: Keystone
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Im Kalten Krieg vereinbart Was das Aus des INF-Abrüstungsvertrags bedeutet

Der Vertrag über das Verbot landgestützter atomarer Mittelstreckenraketen zwischen den USA und Russland steht vor dem Aus. Warum das dramatisch ist.

Warum ist der INF-Vertrag so wichtig? Mit diesem Vertrag, den 1987 US-Präsident Reagan und der sowjetische Staatschef Gorbatschow abschlossen, wurde erstmals eine ganze Waffengattung eliminiert – eine höchst gefährliche, da sie für atomare Erstschläge geeignet war. Das Abkommen markierte den Anfang vom Ende des Kalten Krieges.

Was werfen die USA Russland konkret vor? Vertragsbruch. Schon Trumps Vorgänger Obama äusserte scharfe Kritik, hielt aber am INF-Vertrag fest. Trump will das nicht und stellte ein Ultimatum, das nun abläuft. Nach US-Erkenntnissen verletzen die Russen das Abkommen, weil sie landgestützte Raketen des Typs 9M729 – in westlichen Militärkreisen SSC-8 genannt – entwickelten, bauten und angeblich bereits einsatzbereit bei zwei Bataillonen stationierten. Diese Raketen sollen, immer nach US-Angaben, eine Reichweite von mehr als 2000 Kilometer haben.

Wie reagiert Moskau auf die Vorwürfe? Mit Dementis. Die Raketen haben laut Moskau eine maximale Reichweite von 480 Kilometer, also geringfügig weniger, als der INF-Vertrag verbietet. Die Russen werfen ihrerseits den Amerikanern vor, das Abkommen zu verletzen. So sei etwa die Nato-Raketenabwehr mit US-geführten Basen in Polen und Rumänien so umrüstbar, dass sie ebenfalls den Abrüstungsvertrag verletzten. Ausserdem seien die USA dabei, neue landgestützte Mittelstreckenraketen zu entwickeln.

Wer hat recht? Die Nato-Partnerländer stehen zumindest in ihrer Einschätzung hinter den USA. Auch die meisten Militär- und Strategieexperten schliessen sich der US-Darstellung an. Beim UNO-Institut für Abrüstungsforschung hält man einen russischen Vertragsbruch zumindest für wahrscheinlich, hält aber die US-Reaktion, den INF-Vertrag zu kündigen, für übertrieben. Dies, weil die neuen russischen Raketen, obschon vertragswidrig, die geopolitischen Kräfteverhältnisse nicht auf den Kopf stellen.

Lässt sich der Vertrag noch retten? Die Chancen sind minimal. Mehr als ein paar halbherzige Versuche zur Kompromisssuche gab es nicht. Die USA scheinen entschlossen, den Vertrag nicht zu erneuern.

Was bedeutet das für die atomare Bedrohung der Welt? Sie steigt über Nacht massiv. Russland wird weiter in atomare Mittelstreckenraketen investieren. Die USA dürften ihre Programme hochfahren. Und die Chance ist vertan, China, das schon grosse Arsenale an atomaren Mittelstreckenraketen besitzt, aber nicht Teil des INF-Abkommens ist, in dieses einzubinden. Die Lage ist umso vertrackter, als die gesamte Abrüstungsarchitektur der letzten Jahrzehnte bröckelt. Auch der letzte Eckpfeiler, das New-Start-Abkommen über die Reduzierung der Zahl russischer und amerikanischer Interkontinentalraketen, dürfte 2021 auslaufen. Die Bahn ist bald praktisch frei für eine neue Phase atomarer Aufrüstung.

Warum ist das besonders für Europa bedrohlich? Neue atomare Mittelstreckenraketen würden hier stationiert und im Atomkriegsfall hier eingesetzt. Kein Wunder, dass es schon vor mehr als dreissig Jahren in Europa gewaltige Proteste gab, als atomare Mittelstreckenraketen hier aufgestellt werden sollten und teils auch wurden. Viele Nato-Länder wollen keine atomaren Mittelstreckenraketen auf ihrem Territorium. Hingegen könnten Polen oder die baltischen Staaten, wo die Angst vor Russland am grössten ist, Hand bieten. Raketen in diesen Ländern – nahe an der russischen Grenze – dürften vom Kreml als maximale Provokation wahrgenommen werden. Es kommen gefährliche Zeiten auf Europa zu.

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