Die Schweiz ist in Italien eher selten ein Thema. Doch seit gestern berichten alle Radios, Zeitungen und TV-Sender über den nördlichen Nachbarn. Kaum war das Tessiner Abstimmungsergebnis bekannt, kündete der Regionalpräsident der Lombardei, Roberto Maroni, Gegenmassnahmen an.
Das Ziel sei, italienische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor Diskriminierungen zu schützen. Sicher ist viel Rhetorik dabei, denn genauso wenig wie das Tessin kann die Lombardei eine eigene Ausländer- oder Migrationspolitik betreiben. Mailand hängt von Rom oder von Brüssel ab.
Von der EU erhielt Italien heute Unterstützung. Auch dort findet man den Tessiner Volksentscheid, bei Stellenbesetzungen und gleicher Qualifikation automatisch die Schweizer Bewerber zu bevorzugen, problematisch.
Das unterstrich heute auch der italienische Aussenminister Paolo Gentiloni in einem Telefongespräch mit seinem Schweizer Amtskollegen Didier Burkhalter. Gentiloni wies Burkhalter darauf hin, dass jede Diskriminierung italienischer Grenzgänger das Verhältnis Schweiz-EU belaste.
Die Schweiz pocht auf Durchsetzung der Abkommen
Zwar ist die Schweiz in Italien selten ein Thema. Doch zuletzt hat man von der Schweiz auch in Zusammenhang mit den Flüchtlingen in Como gesprochen. Sie sind zu hunderten blockiert, weil sie nicht weiterreisen dürfen. Die Schweiz pocht in diesem Fall an der Grenze auf geltende Abkommen, auf den Vertrag von Dublin. Dieser verpflichtet die Regierung in Rom dazu, die Flüchtlinge, die in Italien europäischen Boden erreichen, zu beherbergen. Auch wenn es jede Woche Tausende sind.
Nun pocht Italien seinerseits auf ein geltendes Abkommen, eben auf jenes der Personenfreizügigkeit. Die Reaktionen auf das Abstimmungsergebnis im Tessin machen klar, dass Italien derzeit wenig Bereitschaft zeigt, auf Schweizer Kompromisse einzugehen. Niemand wird einen Vorzug von Schweizern zulasten von italienischen Arbeitnehmenden befürworten.
In diesem Punkt ist sich die italienische Politik, so zerstritten sie normalerweise ist, absolut einig. Das könnte für die Schweiz ein Problem werden. Für eine Einigung mit der EU braucht es die Zustimmung aller Mitgliedsländer, auch jene Italiens.