Trotz einer nach wie vor hohen Zuwanderung erachtet das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) die Personenfreizügigkeit weiterhin als positiv für die Schweiz. Sie drücke weder auf die Löhne, noch verdränge sie Schweizer Arbeitskräfte aus dem Arbeitsmarkt. Zu diesem Schluss kommt es aufgrund des Berichts des Observatoriums zum Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU.
Darin werden die Auswirkungen der Personenfreizügigkeit auf den Schweizer Arbeitsmarkt und auf die Sozialversicherungen untersucht. Entscheidend wird laut Seco sein, ob die Zuwanderung auch in Zukunft das bestehende Arbeitskräftepotenzial ergänzt. Kritisch zu beurteilen wäre eine hohe Zuwanderung in Branchen mit schlechten Beschäftigungsaussichten oder ein höherer Anteil Niedrigqualifizierter.
Weniger Deutsche, mehr Südeuropäer
Für Letzteres gibt es laut dem Bericht erste Anzeichen. So hat sich die Qualifikation der zugewanderten Arbeitskräfte leicht verschlechtert. Ihr durchschnittliches Bildungsniveau ist aber immer noch höher als jenes der Schweizer Arbeitnehmer.
Nach wie vor verfügen mehr als die Hälfte der Zuwanderer über einen Uni-Abschluss oder eine andere tertiäre Ausbildung. Im letzten Jahr machte der Anteil der Personen aus Nord- und Westeuropa noch einen Drittel der Zuwanderung aus dem EU/EFTA-Raum aus. 2008, als die Zuwanderung aus Deutschland ihren Höhepunkt erreichte, lag dieser Anteil noch bei 70 Prozent. 43 Prozent des Wanderungssaldo entfielen im vergangenen Jahr auf Personen aus Südeuropa. Dieser Anteil hat sich seit 2008 fast verdoppelt. Jeder fünfte kam aus einem der EU-Staaten Osteuropas.
Zuwanderung insgesamt leicht gesunken
Die Zuwanderung hat sich mit der Frankenstärke insgesamt leicht abgeschwächt. So wanderten unter dem Strich im letzten Jahr 71'000 Ausländer in die Schweiz ein, 47'800 davon aus EU/EFTA-Ländern. 2014 waren es noch 73'000 respektive 50'600.
Im laufenden Jahr hat sich der Rückgang noch weiter akzentuiert. Die Zuwanderung aus EU/EFTA-Ländern ging zwischen Januar und Mai um 23 Prozent zurück. Besonders in den Wechselkurs-exponierten Branchen wie der Industrie und dem Handel war ein deutlicher Rückgang der Zuwanderung zu beobachten.
Im Gesundheits- und Sozialwesen nahm die Zuwanderung derweil weiter zu.
Grenzgänger mit weniger Lohn
Gemäss dem Bericht fiel das Lohnwachstum in der Schweiz in den vergangenen Jahren insgesamt robust und ausgewogen aus. Die Unterschiede zwischen Regionen waren dabei gering und standen in keinem offensichtlichen Zusammenhang zu den regionalen Unterschieden hinsichtlich der Zuwanderung.
Ein besonderes Augenmerk legt das Seco auf die Grenzregionen in der Romandie und im Tessin. Die aktuellsten Lohndaten für das Jahr 2014 lieferten demnach erneut Hinweise darauf, dass die Grenzgänger im Tessin und auch im Jurabogen im Schnitt tiefere Löhne erzielten als ansässige Erwerbstätige. Der Bund beobachtet diese Entwicklung und behält sich vor, mit flankierenden Massnahmen einzugreifen.