Seit 2002 dürfen dank des Open-Skies-Vertrags die 34 Unterzeichnerländer unbewaffnete Aufklärungsflüge über dem Territorium aller Vertragsstaaten durchführen. Und zwar überall. Es gibt keine Sperrgebiete.
Hauptsächlich nutzen das die Russen und die Amerikaner. US-Aufklärer überfliegen russisches Territorium. Sogar dreimal so häufig wie russische Tupolews die USA. Auf den Flügen werden Daten über gegnerische Streitkräfte, militärische Installationen, Truppenzusammenzüge und Manöver gesammelt.
Das Ziel des Vertrags: Wissen, was der Gegner tut. Denn solche Transparenz schafft Sicherheit. Sie verhindert Überraschungsangriffe und mindert die Angst davor.
Halbherziges Dementi
Doch nun mehren sich die Signale, dass US-Präsident Donald Trump den Open-Skies-Vertrag nach der vorgesehenen Frist von sechs Monaten kündigen will. Mit der Begründung, Russland, halte sich nicht an die Vereinbarung. So verbiete der Kreml Flüge über die hochgerüstete Enklave Kaliningrad und über die umstrittene russisch-georgische Grenze.
Zwar dementiert Washingtons künftiger Botschafter in Moskau Trumps Absicht halbherzig. Doch demokratische Senatoren, Vertreter des Pentagons und die europäischen Alliierten der USA fürchten, Trump habe die Kündigung schon unterzeichnet, bloss noch nicht formell eingereicht.
Freie Fahrt für neuen Rüstungswettlauf?
Die US-Militärs und auch Ex-Verteidigungsminister James Mattis betrachten den Vertrag als nützlich für die USA. Die Alarmglocken läuten besonders laut, weil auch andere am Ende des Kalten Kriegs geschlossene Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträge gefährdet oder gar schon Makulatur sind.
Etwa der Vertrag über konventionelle Waffen in Europa oder das INF-Abkommen über atomare Mittelstreckenraketen. Auch der New-Start-Vertrag über atomare Langstreckenwaffen wird wohl schon 2021 ersatzlos auslaufen. Es gibt dann also kaum noch vertragliche Fesseln, die einen neuen militärisch-strategischen Wettlauf zwischen Russland und den USA verhindern könnten.