21 Fälle in 17 Jahren, das ist die Bilanz der 21 Richter am Internationalen Seegerichtshof (ISGH) in Hamburg. Auf den ersten Blick kein berauschendes Ergebnis und dies noch abseits jeglicher Publizität.
Angesichts der Bedeutung des ISGH ist dies erstaunlich, denn alle bislang behandelten Fälle hatten wesentliche wirtschaftliche und rechtliche Konsequenzen. Mit dem aktuellen Verfahren Niederlande versus Russland tritt die Behörde zweifelsfrei aus der grauen Anonymität.
Grundlage für die 1994 geschaffene Behörde ist das Seerechtsübereinkommen (SRÜ) der Vereinten Nationen aus dem Jahre 1982. Über 160 Staaten haben dieses unterzeichnet, darunter auch die Schweiz. Kernaufgaben sind Streitigkeiten, wie etwa Fischereirechte, Meeresbodenstreitigkeiten oder wie im aktuellen Fall, die Freigabe von Schiffen und Besatzung.
Was nach langweiligen Rechtshändel tönt, kann aber richtig Geld kosten. Beispielsweise bei Fangquoten in der Fischerei. 1999 verbot der ISGH Japan, die Fangquote für den Blauflossen-Thunfisch zu erhöhen.
Oder der Fall Saiga: Hier versorgte ein Tanker vor der Westküste Afrikas ein Fischerboot mit Treibstoff und verletzte damit geltende Steuerabkommen. Unter Waffengewalt kaperte die Marine und Zollbehörde Guineas am 28. Oktober 1997 den Tanker und beschlagnahmte die Ladung und Besatzung.
Fall mit offenem Ausgang
Knapp sechs Monate später ordnete der ISGH in seinem Urteil die Freigabe des Tankers gegen Kaution an. Der Streit wurde später in einem separaten Verfahren geregelt.
Wie der Fall Arctic Sunrise ausgehen wird, ist völlig offen. Russland boykottiert die Verhandlung in Hamburg. Zudem gibt es keine Instanz, welche allenfalls die Freilassung von Schiff und Mannschaft erzwingen könnte.
Die Entscheide des ISGH sind zwar bindend, Zuwiderhandlung bliebe aber folgenlos. Arctic Sunrise ist also nicht nur ein Streit zwischen den Niederlanden, Greenpeace und Russland – hier geht es auch um die Bedeutung des Internationalen Seegerichtshofes.