Tunesien
Auslöser der Proteste in Tunesien und damit auch des Arabischen Frühlings war die Selbstverbrennung des tunesischen Gemüsehändlers Mohamed Bouazizi am 17. Dezember 2010. Es kam zu landesweiten Massenunruhen, welche die Regierung niederzuschlagen versuchte. Das Militär stellte sich aber auf die Seite der Demonstranten, so dass am 14. Januar 2011 Präsident Zine el-Abidine Ben Ali nach 23 Regierungsjahren das Land verlassen musste. Bei den ersten Wahlen im Oktober 2011 gewann die islamistische Ennahda-Partei. Diese geriet aber zunehmend unter Druck und musste sich auf eine Einheitsregierung einlassen. Die Präsidentschaftswahlen 2014 gewann der 88-jährige Beji Caid Essebsi und löste Amtsinhaber Moncef Marzouki von der Enahda-Partei ab. Seit dem Umbruch 2011 ringt Tunesien um einen Weg zur Demokratie. Attentate gegen Politiker, Sicherheitskräfte und Touristen sind Ausdruck andauernder Instabilität.
Ägypten
Inspiriert von der Revolution in Tunesien begann im Januar 2011 der Aufstand in Ägypten. Am 11. Februar brachten die Strassenproteste den langjährigen Staatspräsidenten Hosni Mubarak zu Fall. Der Militärrat sicherte freie und demokratische Wahlen zu. Diese gewannen die Muslimbrüder, sie erhielten eine Mehrheit im Parlament und ihr Parteivorsitzender Mohammed Mursi wurde im Sommer 2012 zum Präsidenten gewählt. Mit einem ausschliessenden Führungsstil brachte Mursi immer weitere Kreise gegen sich auf. Der Widerstand mündete im Juni 2013 in Massenproteste, in der Folge putschte das Militär die Muslimbrüder aus der Regierung, liess Mursi verhaften und ordnete Neuwahlen an. 2014 wurde Abdel Fattah al-Sisi, der damalige Oberbefehlshaber der ägyptischen Armee, zum Präsidenten gewählt. Die Proteste gegen diesen Putsch wurden blutig niedergeschlagen. Fünf Jahre nach dem «Arabischen Frühling» sind in Ägypten die alten Verhältnisse wiederhergestellt, die Repression des Militärs gilt heute als massiver als zu Mubaraks Zeiten.
Libyen
Die Ereignisse in Tunesien und Ägypten haben auch in Libyen junge Menschen dazu ermutigt, gegen den repressiven Führungsstil des damaligen Machthabers anzukämpfen. Gaddafi ging von Anfang an mit brutaler Gewalt gegen die libysche Revolte vor. Dies führte 2011 in einigen Teilen des Landes zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Letztlich brachten die Rebellen mit der Unterstützung der Nato die Hauptstadt Tripolis unter ihre Kontrolle. Sie setzten dem seit 42 Jahren herrschenden Regime von Muammar al-Gaddafi ein Ende. Gaddafi wurde am 20. Oktober 2011 in seiner Heimatstadt Sirte aufgegriffen und getötet. Seit 2014 ringen zwei sich rivalisierende Regierungen um die Kontrolle des Staatsapparates und um internationale Anerkennung.
Jordanien und Marokko
Trotz starker Proteste kam es in Marokko und Jordanien nicht zum Sturz der Machthaber. Der Unterschied zu den Ländern ist die Reaktion des Regimes. Die Könige der beiden Länder setzten Verfassungsreformen durch. Der jordanische König Abdallah II. setzte den Ministerpräsidenten ab und beauftragte dessen Nachfolger mit der Bildung einer neuen Regierung. Auch in Marokko kam es im November 2011 zu vorgezogenen Neuwahlen. Zudem wertete der marokkanische König Mohammed VI. die Rolle des Parlamentes auf und schwächte seine Stellung. Diese Reformen vermochten den Unmut des Volkes teilweise zu beruhigen, man spricht in diesen Ländern von einer sanften Revolution. Dennoch kam es auch später zu Protesten, vor allem in Jordanien, als Ende 2012 die Subventionen für Benzin, Diesel und Gas gekürzt wurden.
Syrien
In Syrien eskalierten die Proteste des Arabischen Frühlings zum Bürgerkrieg, der über 250'000 Menschen das Leben gekostet hat und knapp die Hälfte der Bevölkerung zur Flucht zwang. Ursprung war die Verhaftung von einigen Jugendlichen im März 2011, welche in Graffitis den «Sturz des Regimes» gefordert hatten. In der südlichen Stadt Deraa kam es zu Protesten. Das Regime von Baschar al-Assad reagierte einerseits mit aller Härte auf die Proteste, andererseits machte es anfangs noch Eingeständnisse, wie die Neubildung der Regierung oder Verfassungsänderungen. Auf die zentrale Forderung der Opposition, den Rücktritt des Präsidenten, ging Assad aber nie ein. Assads Vorschläge wurden als Farce abgetan. Die Opposition zersplitterte sich in radikale und gemässigtere Gruppierungen mit den verschiedensten Interessen. 2012 und 2013 eskalierte der Konflikt zum Bürgerkrieg, in dem auch Chemiewaffen eingesetzt wurden. Dies brachte internationale Akteure wie die USA und später auch Russland auf den Plan.
Jemen
Auch in Jemen führten Proteste 2011 zum Fall des Machthabers. Aufgrund des immer grösser werden Drucks trat der seit 33 Jahren regierende Präsident Ali Abdullah Saleh im April 2011 zurück. Ihm wurde Straffreiheit zugesichert, das schürte den Unmut in der Bevölkerung erneut. In der Hauptstadt Sanaa kam es daraufhin zu Kämpfen zwischen Stammesmilizen und den Einheiten der Regierung, bei denen auch Saleh verletzt wurde. Bei den Präsidentschaftswahlen im November 2011 war der damalige Vizepräsident Abed Rabbo Mansur Hadi der einzige Kandidat und gewann. Regierungsgegner kritisieren, mit Hadi bleibe die alte Elite an der Macht. Dennoch versucht Saleh mit der Unterstützung der im Norden stationierten schiitischen Huthi-Rebellen wieder an die Macht zu kommen und bekämpft die Zentralregierung. Diese wird von Saudi-Arabien unterstützt, der Konflikt zwischen Rebellen und Regierung hat sich zu einem Bürgerkrieg entwickelt.
Die Golfstaaten
Auch am Persischen Golf gab es gewalttätige Auseinandersetzungen, diese wurden aber im Keim erstickt und konnten sich ausser in Bahrain kaum zu landesweiten Protesten entwickeln. Aufgrund der hohen Ölpreise konnte es sich Saudi-Arabien leisten, seine Bürger mit Wohltaten zu überschütten. König Abdallah verkündete im Frühjahr 2011 ein Subventionsprogramm in der Höhe von 130 Milliarden Dollar, mit dem neue Arbeitsplätze geschaffen und Wohnungen gebaut werden konnten. Zeitgleich erliess das Regime auch ein Demonstrationsverbot. Im Nachbarstaat Bahrain dagegen kommt es zur selben Zeit zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen dem Regime und der Opposition. Bei dem Konflikt ging es vor allem um eine konfessionelle Auseinandersetzung. Die überwiegend schiitische Bevölkerung protestierte gegen das sunnitische Königshaus von Hamad ibn Isa al-Chalifa. Mit der Hilfe von saudischen Truppen schlug das Regime die Proteste nieder. Ab September gab es immer wieder grössere und kleinere Protestkundgebungen.
Oman
Im Frühjahr 2011 fanden im Oman regelmässig Kundgebungen und Demonstrationen statt, die zunächst friedlich verliefen. In erster Linie ging es den Demonstranten um politische Reformen. Nachdem es im April zu Zusammenstössen mit der Polizei und dem Militär kam, richtete sich die Kritik aber vermehrt gegen Sultan Qabus Ubn Said selbst, der das Land absolutistisch regierte. Ähnlich wie Saudi-Arabien versuchte dieser die Gemüter mit Geschenken zu beruhigen. Die Proteste flauten aber erst ab, als der Sultan 2012 versprach, das Kabinett umzubilden. Mittlerweile ist in Oman wieder Ruhe eingekehrt, Sultan Qabus Ubn Said konnte sich an der Macht halten.