Im Konflikt um den Kosovo ist trotz eines Spitzentreffens in Belgrad keine Annäherung zwischen Albanien und Serbien in Sicht. Der albanische Regierungschef Edi Rama sorgte mit seiner Äusserung, Kosovo bleibe «unwiderruflich unabhängig», für einen Eklat. Der Besuch Ramas in Serbien hätte dazu dienen sollen, die angespannten Beziehungen zwischen den Ländern zu normalisieren.
Beim ersten Besuch eines albanischen Ministerpräsidenten in Belgrad seit 68 Jahren beharrten aber beide Seiten auf ihren Positionen. Rama erinnerte daran, dass die Unabhängigkeit des mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Kosovo von 108 Staaten weltweit anerkannt werde.
«Dies ist eine unumkehrbare Realität und diese Realität muss respektiert werden», sagte Rama. Und: Je eher die Loslösung des Kosovo akzeptiert werde, «desto schneller können wir Fortschritte erzielen».
Der sichtlich verärgerter serbische Regierungschef Aleksandar Vucic erwiderte vor den Medien in Belgrad, Kosovo sei weiterhin ein Teil Serbiens.
Vucic spricht von «Provokation»
Das Verhältnis zwischen Albanien und Serbien gilt seit dem Krieg 1999 um den Kosovo und dessen Unabhängigkeitserklärung 2008 als besonders angespannt. Zuvor war das überwiegend von ethnischen Albanern bewohnte Gebiet eine jugoslawische und später eine serbische Provinz.
Vucic sprach mit Blick auf Ramas Äusserungen von einer «Provokation». Es sei nicht vereinbart worden, dass dieses Thema beim Besuch Ramas erörtert werde. «Aber es ist meine Pflicht, jeden davon abzuhalten, Serbien zu demütigen.» Gleichwohl würden die Gespräche mit Albanien fortgesetzt, fügte der serbische Ministerpräsident hinzu.
Vor seinem zweitägigen Besuch in Serbien hatte Rama Hoffnungen auf eine Annäherung geweckt. So hatte er gesagt, nötig sei ein neuer Ansatz «für eine bessere Zukunft unserer Völker. Es ist Zeit, all das hinter uns zu lassen, was (...) Konflikte und Blutvergiessen verursacht hat.» Nach den politischen Gesprächen in Belgrad will Rama am Dienstag in den Süden Serbiens weiterreisen, um Vertreter der dort lebenden albanischen Minderheit zu treffen.
«Nichts ist sicher auf dem Balkan»
Die Stimmung zwischen Serbien und Albanien habe sich etwas entspannt, sagt der freie Journalist Thomas Roser in Belgrad. Er arbeitet als Korrespondent für die österreichische Zeitung «Die Presse». «Ich rechne nicht mit Tumulten.»
Doch auf dem Balkan sei nichts sicher, gibt er zu bedenken. «Vor allem bei so tief sitzenden Vorurteilen wie jenen zwischen Serben und Albanern.» Eine kleine Provokation würde ausreichen, um diese wieder hochkommen zu lassen.
Skandal beim Fussballspiel in Belgrad
Das schon mehrmals geplante Treffen beider Regierungschefs war zuletzt wegen des Skandals um das Qualifikationsspiel zur Fussball-EM 2016 zwischen beiden Ländern in Belgrad vor wenigen Wochen verschoben worden.
Damals war eine Drohne mit einer angehängten Landkarte von Grossalbanien ins Stadion geschwebt. Daran hatten sich Prügeleien zwischen den Spielern sowie zwischen Zuschauern und albanischen Fussballern entzündet. Das Spiel wurde abgebrochen.
Im April 2013 hatten Serbien und Kosovo unter Vermittlung der Europäischen Union ein Abkommen zur Normalisierung der serbisch-albanischen Beziehungen geschlossen. Serbien, Kosovo und Albanien wollen der EU beitreten.