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International «Alle Nicht-Syrer kommen in Abschiebehaft»

Das Flüchtlingsabkommen zwischen der Türkei und der EU ist in Kraft: Die Türkei nimmt alle illegal nach Griechenland Eingereisten zurück und schickt dafür gleich viele syrische Flüchtlinge nach Europa. Ganz so einfach, wie Ankara sich dies vorstelle, sei es aber nicht, sagt Journalist Seibert.

SRF News: Was geschieht mit den Afghanen, Pakistani und Irakern, die in der Türkei festsitzen?

Thomas Seibert

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Der Journalist Thomas Seibert ist USA-Korrespondent des «Berliner Tagesspiegels». Zuvor berichtete er während 20 Jahren für verschiedene Zeitungen und Radiosender aus der Türkei.

Thomas Seibert: Sie kommen in Abschiebehaft. Sie werden nach der Ankunft aus Griechenland sofort mit Bussen in ein Lager gebracht. Die türkische Regierung will sie so schnell wie möglich in die Herkunftsländer abschieben, da sie in der Türkei kein Recht auf Asyl haben.

Ist das bei Ländern wie Irak und Afghanistan machbar?

Die Türkei sagt, das sei alles legal und werde sehr schnell gehen. Man habe alles im Griff. Allerdings gibt es daran grosse Zweifel. So gibt es bisher noch keine gültigen Rückübernahmeabkommen zwischen der Türkei und diesen Herkunftsländern. Es wird also möglicherweise nicht so einfach, wie Ankara sich das vorstellt. Migrationsexperten in der Türkei gehen davon aus, dass mittel- und langfristig etwa 90 Prozent jener Leute, die aus Griechenland zurückkommen, dauerhaft hier in der Türkei bleiben werden.

Wo werden diese Menschen untergebracht?

Das ist momentan die grosse Frage. Es gibt lediglich ein Lager in der Nähe von Istanbul für sie. Aber das hat nur Platz für 750 Menschen. Die türkischen Behörden arbeiten daran, neue Aufnahmezentren an der Ägäis zu erstellen. Dort sollen die Leute, die aus Griechenland zurückkommen, untergebracht werden.

Sie haben solche Lager schon besucht. Wie leben die Menschen dort?

Audio
Die Stimmung in der Türkei droht zu kippen
aus SRF 4 News aktuell vom 06.04.2016.
abspielen. Laufzeit 5 Minuten 7 Sekunden.

Die 26 Flüchtlingslager, welche die Türkei bisher für syrische Flüchtlinge gebaut hat, sind relativ gut. Sie werden auch von der UNO gelobt. Es gibt dort Krankenhäuser und Moscheen. Die Leute bekommen Geldkarten, mit denen sie in Supermärkten innerhalb des Lagers einkaufen können. Aber das eigentliche Problem ist das Lagerleben selbst. Die Leute haben nichts zu tun. Sie langweilen sich. Sie sind ja quasi in diesen Lagern eingesperrt. Deshalb leben nur 300'000 Menschen dort. Fast 90 Prozent aller syrischer Flüchtlinge leben ausserhalb, auf der Strasse. Insgesamt leben rund drei Millionen Flüchtlinge in der Türkei.

Sie sagen, die Lager seien in einem relativ guten Zustand. Heisst das, die Türkei setzt das Geld, das sie von der EU für die Unterbringung der Flüchtlinge erhält, gut ein?

Davon kann man ausgehen. Bisher ist allerdings noch nichts mit EU-Geld gebaut worden. Bisher hat die Türkei alles selber bezahlt.

Die Stimmung unter den Türken droht zu kippen.
Autor: Thomas Seibert Journalist in Istanbul

Aus Griechenland hat man oft gehört, die Bevölkerung helfe den gestrandeten Flüchtlingen. Ist das auch in der Türkei zu beobachten?

Bisher war es so, dass die Menschen in der Türkei den Menschenstrom relativ ruhig und gelassen aufgenommen haben. Doch jetzt droht die Stimmung zu kippen. Es gab erste Protestdemonstrationen gegen den Neubau von Flüchtlingslagern. Die Regierung bemüht sich, das alles herunterzuspielen und sagt, die Gesamtzahl der Flüchtlinge werde durch das Abkommen mit der EU nicht steigen. Aber viele Türken glauben das nicht und befürchten, dass die Türkei zu einem grossen Open-air-Flüchtlingslager für Menschen wird, die in Europa nicht willkommen sind.

Das Gespräch führte Susanne Schmugge.

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