Beim Amoklauf eines 18-jährigen Schülers in München mit zehn Todesopfern sind mehr Personen verletzt worden als bisher angenommen: Derzeit sei von insgesamt 35 Verletzten auszugehen, zehn davon gelten als schwerverletzt, drei schweben nach wie vor in Lebensgefahr. Einige verletzten sich allerdings nicht unmittelbar im Umfeld des Amoklaufs, sondern bei panikartigen Szenen in der Innenstadt. Dies erklärte ein Sprecher des Landeskriminalamtes (LKA) bei einer Medienkonferenz.
Auch sind neue Details zum Täter bekannt geworden: So hat er seine Opfer nicht gezielt ausgesucht, wie das LKA erklärt. Unter den Opfern befindet sich keiner seiner Mitschüler. Dass mehrere Jugendliche mit Migrationshintergrund zu den Todesopfern gehören, bewerten die Ermittler als Zufall. Diese McDonald's-Filiale werde oft von Migrantenkindern besucht.
Winnenden als Vorbild
Entgegen ersten Angaben hat der Amokläufer zudem keinen bestehenden Facebook-Account gehackt, sondern einen Fake-Account angelegt – bereits im Mai dieses Jahres. Dafür habe er Fotos und zusätzliche Daten eines anderen Kontos verwendet, so LKA-Präsident Robert Heimberger. Zum Inhaber des für den Fake verwendeten Profils hatte der Amokläufer keine Verbindung.
Die Tat selbst plante der junge Mann seit vergangenem Sommer. Der Schüler orientierte sich dabei weit mehr am Amokläufer von Winnenden bei Stuttgart als bisher bekannt. Er war zum Schauplatz dieser Bluttat gefahren, hatte sich dort umgesehen und Fotos gemacht, wie das LKA bestätigt. Zudem verfasste er ein Manifest zu seinen Taten.
Reaktivierte Theaterwaffe
Des weiteren befand sich der 18-Jährige 2015 für zwei Monate in stationärer psychiatrischer Behandlung und bis zu seiner Tat in einer ambulanten Therapie, wie die «Süddeutsche Zeitung» schreibt. Er habe unter Depressionen, einer Aufmerksamkeitsdefizitstörung sowie unter sozialer Phobie gelitten und wurde auch medikamentös behandelt. Das LKA bestätigt diese Angaben.
Bekannt wurden auch neue Details zur Tatwaffe: Es handelt sich um eine Theaterwaffe, die wieder gebrauchsfähig gemacht wurde, wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bestätigte. Der Amokläufer soll sie sich laut der «Süddeutschen Zeitung» über das Darknet gekauft haben. «Es gibt einen Chatverlauf im Darknet, der darauf schliessen lässt, dass er sich diese Waffe im dort besorgt hat», sagte LKA-Präsident Robert Heimberger dazu.
Der Vater des Täters hat seinen Sohn laut den Ermittlern schon kurz nach der Tat auf einem Video erkannt, das im Internet kursierte. Der Vater sei dann zur Polizei gegangen und äusserte dort seinen Verdacht.
Schärfere Waffengesetze gefordert
Nun fordern Politiker schärfere Waffengesetze: Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) sagte zu Medien, es müsse alles getan werden, um den Zugang zu tödlichen Waffen zu begrenzen und streng zu kontrollieren. Zudem müssten Staat und Gesellschaft bei psychisch instabilen Menschen «hinsehen und intervenieren – gerade bei Jugendlichen».
Bundesinnenminister de Maizière sagte der «Bild am Sonntag», mit der anstehenden Waffenrichtlinie auf europäischer Ebene sollten Fortschritte erreicht werden. Zudem sprach er sich dafür aus, die Einsatzkonzepte der Polizei noch einmal unter die Lupe zu nehmen: «Das wird jetzt sicher noch einmal überprüft werden müssen.»
Gleichzeitig appellierte er an die Menschen in Deutschland, Ruhe zu bewahren. Er verstehe, dass die Bevölkerung nach den Attentaten in Nizza, Würzburg und nun München besonders aufgewühlt sei. Aber: «Es ist wichtig, dass wir jeden Fall einzeln aufklären, dass wir die Hintergründe verstehen und die richtigen Konsequenzen ziehen können.»