Keine Osterruhe in der Ostukraine: Trotz der Beschlüsse an der Ukraine-Konferenz von Genf wird die russischsprachige Region erneut von Gewalt erschüttert.
Bei Kämpfen an einem Checkpoint nahe der Stadt Slawjansk wurden mehrere Menschen getötet. Die Polizei in Donezk spricht von mindestens drei Toten. Das Innenministerium in Kiew bestätigt einen Toten. Die pro-russischen Kräfte sowie russische Staatsmedien hingegen sprechen von mindestens fünf Toten.
Ausgebrannte Autos mit Einschüssen zeugen vom Kampf. Was hier wirklich passiert ist, bleibt rätselhaft.
«Die Lage ist brandgefährlich»
SRF-Korrespondent Christoph Wanner hat sich am frühen Morgen bei dem Checkpoint ein Bild gemacht.
Die Situation sei sehr verworren. «Wir haben zwei Tote pro-russische Aktivisten gesehen. Die pro-russischen Aktivisten sagen, der nationalistische ‹Rechte Sektor› stecke hinter dem Angriff. Dann folgt aber sofort ein Dementi.»
Jede Gruppierung versuche die Presse zu instrumentalisieren, so Wanner. «Wir können nur Fakten konstatieren: Es hat Tote geben – und die Lage hier eskaliert mehr und mehr. Die Lage ist brandgefährlich.»
Gegenseitige Beschuldigungen
Russland stützt die Behauptung der Aktivisten in Slawjansk: ukrainische Paramilitärs vom «Rechten Sektor» steckten hinter dem Angriff, teilte das russische Aussenministerium mit und sprach von einer «Provokation». Der Vorfall zeige den «mangelnden Willen der Behörden in Kiew, Nationalisten und Extremisten im Zaum zu halten und zu entwaffnen». Und: Kiew halte sich nicht an die Genfer Beschlüsse für eine Lösung des Konflikts.
Die ukrainische Übergangsregierung hingegen bestreitet jegliche ukrainische Beteiligung. Es habe keinen offiziellen Einsatz gegen die bewaffneten Aktivisten gegeben. Vielmehr hätten pro-russische Uniformierte nach der Besetzung der örtlichen Polizeistation 400 Waffen an Bürger ausgeteilt. Darauf seien zwei Bürgergruppierungen aufeinander losgegangen.
In der Nacht darf niemand raus
Die pro-russischen Kräfte in Slawjansk haben eine Ausgangssperre über die Stadt verhängt. «Zwischen Mitternacht und sechs Uhr früh ist es verboten, die Strassen zu nutzen», sagte Bürgermeister Wjatscheslaw Ponomarew.
Er rief den russischen Präsidenten Wladimir Putin auf, Friedenstruppen in die Ostukraine zu schicken – um die Bevölkerung vor «Faschisten» zu schützen.
OSZE besorgt
Die OSZE zeigt sich besorgt. In der «Tagesschau» sagte der OSZE-Beobachter Klaus Zillikens: «Es sind verstörende Nachrichten über die Eskalation in Slawjansk.»
Derzeit befinden sich erst wenige OSZE-Beobachter im betroffenen Gebiet. Sie müssen dort die Umsetzung der Genfer Vereinbarung überwachen – zunächst aber die Aktivisten über den Inhalt der Beschlüsse informieren.
Das Westschweizer Radio und Fernsehen RTS hat den Schweizer Lukas Walther in Donezk getroffen und begleitet. Walther trägt stets ein Exemplar der Genfer Vereinbarung auf sich – und leistet damit Überzeugungsarbeit. «Die Leute an den Checkpoints haben zwar teilweise bereits von der Genfer Vereinbarung gehört, aber nur die Wenigsten kennen auch deren Inhalt. Unsere Rolle ist es also auch, sie darüber zu informieren.» Eine Mission, die oft auf taube Ohren stösst.