Acht Jahre lag Ariel Scharon im Koma. Jetzt ist der ehemalige israelische Ministerpräsident im Krankenhaus Tel Haschomer bei Tel Aviv gestorben. Wegen eines schweren Nierenleidens hatte sich sein Zustand in den vergangenen Tagen erheblich verschlechtert.
Der frühere Armeegeneral und Politiker war am 4. Januar 2006 nach einem schweren Schlaganfall ins Koma gefallen und hatte seitdem nie wieder volles Bewusstsein erlangt. In den Jahren seines Siechtums hatten seine Söhne Omri und Gilad ihn ständig besucht.
Der Sohn jüdischer Einwanderer aus Osteuropa war während seiner langen Karriere in Armee und Politik von Anhängern verehrt, aber von Gegnern gefürchtet und gehasst. Sein legendäres Stehvermögen, gepaart mit einem robusten Naturell, brachten ihm den Spitznamen «Bulldozer» ein.
Zum Ende seiner politischen Karriere vollzog er den Wandel zum angesehenen und in Israel sehr beliebten Staatsmann. Seine Vision von einer endgültigen Regelung des Konflikts mit den Palästinensern konnte er aber nicht mehr umsetzen.
Gefeierter Kriegsheld
Scharon, der früher als Vater der israelischen Siedlerbewegung galt, hatte während seiner knapp fünfjährigen Amtszeit einen dramatischen Kurswechsel vollzogen. Er setzte im Sommer 2005 den Abzug Israels aus dem Gazastreifen gegen massiven Widerstand im eigenen Land durch.
Dieser Schritt führte zum Bruch mit langjährigen politischen Weggefährte und zur Gründung der Kadima-Partei im November 2005.
Der oft hitzköpfige Draufgänger wurde als Kriegsheld gefeiert, nachdem er 1973 während des Jom-Kippur-Kriegs seine Panzerdivision auf eigene Faust über den Suez-Kanal geführt hatte.
Siedlungsbauer wird zum Siedlungsräumer
Den Bau israelischer Siedlungen in den 1967 besetzten arabischen Gebieten unterstützte Scharon anfangs massiv. «Jetzt muss sich jeder in Bewegung setzen, rennen und sich so viele Hügel wie möglich schnappen, um die Siedlungen auszubauen», hatte Scharon noch im November 1998 bei einem Treffen mit Siedlern geraten.
Scharon hat damit entscheidend zum Ausbau der Siedlungen beigetragen, die bis heute als eines der Haupthindernisse auf dem Weg zu einer Friedensregelung in Nahost gelten. Andererseits liess er 1982 nach dem Friedensvertrag mit Ägypten jüdische Siedlungen auf der Sinai-Halbinsel evakuieren.
Massaker an Palästinensern kostete ihm das Amt
Mit dem Namen Scharon ist auch der Besuch des Jerusalemer Tempelbergs im Jahr 2000 verbunden, mit dem er die zweite Intifada provozierte. Andere erinnern sich vor allem an das Massaker von 1982 im palästinensischen Flüchtlingslager Sabra und Schatila im Libanon. Scharon musste danach als Verteidigungsminister zurücktreten.
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Bild 1 von 6. Ariel Scharon legte eine strenge Militärkarriere an den Tag. Nach seinem Studium der Geschichte und Orientalistik tritt er einer Spezialeinheit im Kampf gegen Terroristen bei. Er arbeitet sich hoch und wird während des Sechstagekriegs 1967 sogar Generalmajor. Die Bevölkerung feiert ihn als grossen Helden. Bildquelle: Reuters/Archiv 1973.
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Bild 2 von 6. Nach einem kurzen Intermezzo als Sicherheitsberater in den 70er-Jahren ist Scharon ab 1983 fix im Kabinett vertreten. Zuerst als Minister ohne Geschäftsbereich, später dann als Minister für Handel und Industrie. In dieser Funktion empfängt er 1986 auch die britische Premierministerin Margaret Thatcher. Bildquelle: Reuters/1986.
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Bild 3 von 6. Ab 1990 wird Ariel Scharon Bauminister. Es ist die Zeit der israelischen Siedlungen im Westjordanland, deren Ausbau in palästinensischen Gebieten nicht unumstritten bleiben. Bildquelle: Reuters/2005.
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Bild 4 von 6. Am 21. November 2005 tritt Ariel Scharon als Ministerpräsident zurück und gründet die neue Partei «Kadima» (übersetzt: vorwärts). Zuvor trifft er allerdings noch immer Politiker aus allen Ländern, wie hier der damalige US-Präsident Bill Clinton. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 6. Nach mehreren Schlaganfällen und Blutungen im Gehirn Anfang Januar 2006 liegt Ariel Scharon im Koma. Er wird über sieben Mal operiert. Drei Monate später erklärt das israelische Kabinett den Ex-Premier als dauerhaft amtsunfähig. 2010 stellt der israelische Künstler Noam Braslavsky den komatösen Sharon in einer lebensechten Skulptur nach. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 6. Im November 2010 entschliesst sich Scharons Familie, den Komapatienten zu sich nach Hause auf seine Farm in der Negev-Wüst zu verlegen. Zuvor hatten sich die Familienangehörigen während zwei Jahren gegen eine Verlegung gewehrt – allerdings ohne Angabe der Gründe. Bildquelle: Reuters.