Am Mittwoch waren in der Gemeinde nordwestlich von Tunis bei Protesten gegen die schlechte wirtschaftliche Lage mindestens 200 Menschen verletzt worden. Augenzeugen hatten damals berichtet, die Polizei habe auch Gummigeschosse eingesetzt. Ob es am Samstag Verletzte oder Festnahmen gab, blieb zunächst offen.
Panzer im Einsatz
Die Proteste hatten am Dienstag in Siliana begonnen, einer Stadt in einer wirtschaftlich schwachen Region am Rande der Sahara. Augenzeugen zufolge setzte die Nationalgarde des Innenministeriums Panzer ein, um die Ordnung wiederherzustellen. Demonstranten hatten dem staatlichen Fernsehen zufolge die Zugangswege zur Stadt blockiert und Autoreifen angezündet.
In dem nordafrikanischen Land hatte vor fast zwei Jahren die arabische Revolution ihren Ausgang genommen. Tunesien wird derzeit von einer gewählten Regierung geführt, die von Islamisten dominiert wird. Sie bemüht sich, die Wirtschaft nach dem drastischen Rückgang des Handels mit der Euro-Zone wiederzubeleben. Im Land gibt es auch Streit zwischen säkularen Kräften und islamistischen Hardlinern über die künftige Ausrichtung des Landes.
Präsident verlangt Regierungswechsel
Vor dem Hintergrund der schweren Ausschreitungen verlangte Präsident Moncef Marzouki einen Regierungswechsel. Marzouki forderte Ministerpräsident Hamadi Jebali von der islamistischen Ennahda-Partei auf, eine neue, kleinere Regierung zu bilden. Die neue Regierung solle «mit kompetenten Technokraten, und nicht auf der Grundlage politischer Fraktionen» gebildet werden.
Der Präsident der Mitte-Links-Partei CPR (Kongress für die Republik) äusserte sich am Freitagabend im tunesischen Fernsehen. Die Koalitionsregierung «hat nicht die Erwartungen der Bevölkerung erfüllt», sagte das Staatsoberhaupt weiter.
«Wahlen vor dem nächsten Sommer»
Der gegenwärtigen Regierung gehören etwa 80 Mitglieder an. Die Demonstrationen und Gewaltausbrüche der vergangenen Tage in Tunesien nannte Marzouki «inakzeptabel». Der Präsident forderte, eine Untersuchungskommission solle eingesetzt werden. Zudem verlangte er «Wahlen so schnell wie möglich, noch vor dem nächsten Sommer».