Es ist erstaunlich: Das mit Abstand wichtigste sicherheitspolitische Treffen in Asien ist gar keine offizielle Veranstaltung. Der sogenannte Shangri-La-Dialog – benannt nach dem Luxushotel in Singapur, in dem er stattfindet – wird nämlich privat organisiert: von der Londoner Strategiedenkfabrik IISS.
Die Fäden zieht seit Jahren Tim Huxley, der das IISS-Büro in Singapur leitet. Für ihn ist die Ausgangslage vor dem Gipfel besorgniserregend. Unruhe und Instabilität gingen hauptsächlich von China aus.
Das Land werfe seine wachsende Macht immer ungehemmter in die Waagschale, um völkerrechtswidrig territoriale Ansprüche durchzusetzen. In den vergangenen zwölf Monaten habe China sein Hoheitsgebiet im süd- und ostchinesischen Meer immer forscher zu erweitern versucht: Es liess Kriegsschiffe patrouillieren und schüttete künstliche Inseln auf.
Halbherziges US-Engagement
Das bewege Chinas kleinere und mittlere Nachbarn dazu, ebenfalls aufzurüsten. Ausserdem rufe das Verhalten Chinas die USA auf den Plan. Chinas bedrängte Nachbarn bäten zunehmend um Washingtons Unterstützung – sogar der alte US-Erzfeind Vietnam. Denn ohne US-Unterstützung sind sie China alle weit unterlegen – auch Japan, erst recht aber Länder wie Südkorea, die Philippinen, Indonesien, Malaysia, Taiwan oder Vietnam.
Huxley fragt sich aber, ob die Amerikaner willens sind, aktiv China in Ostasien die Stirn zu bieten. Grossen Ankündigungen, Asien und der Pazifikraum hätten künftig Priorität in der US-Aussenpolitik, seien bloss bescheidene Taten gefolgt.
Zwar könnten sich die Verbündeten der Amerikaner auf die militärische Unterstützung der USA verlassen, falls sie direkt von China angegriffen würden. Doch China werde direkte Angriffe vermeiden und seine Ansprüche in einer Salami-Taktik mit begrenzten militärischen Provokationen und politischem und wirtschaftlichem Muskelspiel durchzusetzen, so Huxley.
Entspannung klingt anders
Als Organisator des Shangri-La-Dialogs hofft er natürlich, dass sich in den nächsten drei Tagen Wege zur Versöhnung oder mindestens zur verbalen Abrüstung finden lassen. Ermutigend ist für ihn, dass Peking die Plattform nutzen will und mit einer grossen, hochrangigen Delegation präsent ist.
Dennoch ist er nicht wirklich zuversichtlich. China werde hier in Singapur kaum zurückbuchstabieren und auf seine überzogenen Gebietsansprüche verzichten. Vor allem die chinesischen Generäle dürften vielmehr ihre Forderungen bekräftigen und markige Worten wählen, die eher einschüchtern als beruhigen.