«Ausländer sind im Jemen fast eine Handelsware», sagt Fredy Gsteiger, SRF-Auslandredaktor im Gespräch mit Radio SRF. Sie zu entführen sei im Jemen ein blühendes Handelsgeschäft.
Jemen ist eines der ärmsten Länder der ganzen Welt. Die Regierung hat seit Jahren kein Machtmonopol mehr, nicht einmal in der der Hauptstadt Sanaa. Die Entführungen zeigen laut Gsteiger, dass die Regierung das Land nicht unter Kontrolle hat. «Jemen ist seit Jahren ein Land an der Grenze zum Failed State, wie beispielsweise Somalia.»
Häufig steckten Dorfgemeinschaften oder Stämme hinter den Überfällen auf Ausländer, sagt Gsteiger. Oft seien Al-Kaida nahe Kreise ebenfalls beteiligt. Diese versuchten, ihren Terrorismus damit zu finanzieren.
Regierung soll ein Schulhaus bauen
Neben der wirtschaftlichen Motivation der Stämme und Dorfgemeinschaften seien laut dem Auslandredaktor auch andere Ziele denkbar: Stammesangehörige aus dem Gefängnis frei pressen zu wollen. Oder die Dörfer versuchten, die Regierung durch die Entführung von Ausländern dazu zu bringen, in die Infrastruktur des Dorfes zu investieren, ein Schulhaus oder eine Strasse zu bauen.
In vielen Fällen geht es nicht um Millionenbeträge, anders als bei der Piraterie in Somalia. Meistens geht es um kleine Beträge, mal umgerechnet 10‘000 Franken, mal einige hunderttausend Franken. Gemessen an den finanziellen Möglichkeiten in den Dörfern, wo die Leute von Selbstversorgung aus der Landwirtschaft leben, sei das viel, sagt Gsteiger.
Tourismus zusammengebrochen
In den letzten 10 bis 15 Jahren sind hunderte von Leuten im Jemen entführt worden. Der Tourismus ist mehr oder weniger zusammengebrochen. Damit ist eine der früheren Haupteinnahmequellen des Landes ausgetrocknet.