Wer ab 2017 in Australien das Internet benutzt, wer telefoniert oder eine Kurzmitteilung verschickt, dessen Metadaten werden 24 Monate lang gespeichert. Behörden erhalten Zugang zu den Daten und können sie lesen. Sie dürfen diese nicht nur bei der die Ermittlung von Verbrechen verwenden, sondern auch bei kleineren Verfehlungen. Dem drastischen Eingriff in die Privatsphäre jedes Bürgers und jeder Bürgerin hat das australische Parlament mit 43 zu 16 Stimmen zugestimmt.
Telefongesellschaften und Internetanbieter müssen speichern, wie lange und von welchem Ort aus ihre Kunden am Telefon sprechen, mit wem sie kommunizieren und welches Gerät sie dazu verwenden. Kurznachrichten (SMS) sowie E-Mails müssen ebenfalls in Datenzentren gelagert werden. Laut dem Datensicherheitsexperten des «Guardian Australia», Paul Farrell, wird die Regierung künftig jeden Bürger «wie ein offenes Buch lesen können».
Journalisten fürchten um den Quellenschutz
Das von der liberal-konservativen Regierung von Premierminister Tony Abbott vorgelegte Gesetz hatte früh die Unterstützung der oppositionellen Laborpartei. Letztere erklärte, sie habe in Verhandlungen mit der Regierung erreicht, dass für Journalisten gewisse Ausnahmeregeln gelten würden. Diese scheinen aber begrenzt.
Medienorganisationen und Journalistengewerkschaften fürchten, der Schutz von Informanten sei künftig nicht mehr gewährleistet. Es gehöre zu den Grundprinzipien des Journalismus in einer Demokratie, dass sich «Whistleblower» wie Edward Snowden an Journalisten wenden können, ohne die Preisgabe ihrer Identität befürchten zu müssen.
Der unabhängige Senator Nick Xenophon meinte, das Gesetz habe «erstickende Konsequenzen für die Pressefreiheit». Ironischerweise empfahl Kommunikationsminister Malcolm Turnbull als oberster Verantwortlicher für den Datenverkehr in Australien, Journalisten sollten künftig über Dienste kommunizieren, die überwachungssicher seien. Dazu gehören bestimmte Kurznachrichtenanbieter und sogenannte Virtuelle Private Netzwerke (VPNs). Turnbull war selbst einmal Journalist.
Erhöhte Terrorgefahr
Die Regierung argumentiert, eine präventive Überwachung von Internet- und Telefonverkehr sei in Zeiten erhöhter Terrorgefahr notwendig. Die Bevölkerung – schockiert von Vorfällen wie dem Attentat auf das Lindt-Café in Sydney im Dezember und dem wachsenden Einfluss der Terrororganisation IS in Syrien und Irak – scheint gleicher Meinung zu sein. Einer Umfrage zufolge befürwortet die Mehrheit der Australierinnen und Australier den Eingriff in die Privatsphäre.
Noch scheint nicht sicher, welche Behörden in welchem Umfang und unter welchen Bedingungen Zugang zum gesammelten Material haben werden. Ein Experte befürchtet, die Informationen könnten problemlos auch zur Verfolgung banaler Vergehen verwendet werden, etwa bei Nachbarschaftsstreitigkeiten. Unklar ist auch, in welchem Umfang die Daten ausländischen Regierungen zugänglich gemacht werden.
Problem Datensicherheit
Grosse Sorge bereitet Kritikern die Sicherheit der Datenlagerung. Internetanbieter sind nicht nur verpflichtet, Millionen Dollar in den Bau von grossen Datenzentren zu investieren, wo das Material gespeichert werden kann. Die Anlagen müssen auch die höchsten Sicherheitsbestimmungen erfüllen, wenn es nicht zu peinlichen oder gar gefährlichen Verletzungen der Datensicherheit kommen soll.