Mit der Belagerung von Donezk und Lugansk will die ukrainische Regierung den Widerstand der Separatisten im Osten des Landes brechen. Der Strategieplan von Präsident Petro Poroschenko sehe die völlige Blockade der Städte bis zur «Kapitulation der Banditen» vor, sagte der Vizechef des Sicherheitsrats, Michail Kowal.
Nach der Einnahme mehrerer Hochburgen der Aufständischen rücken die Truppen weiter auf Donezk vor. In der Industriestadt haben sich die Aufständischen nach dem Abzug aus Stützpunkten wie Slawjansk und Kramatorsk verschanzt. Ursprünglich habe die ukrainische Armee die Konvois der Separatisten aus der Luft angreifen und stoppen wollen, sagt SRF-Korrespondent Peter Gysling.
Zahlreiche Opfer befürchtet
Eine grosse Zahl von Fahrzeugen mit Kämpfern sei aber am Wochenende bereits in Donezk angekommen. «Jetzt wird die ukrainische Armee zuerst versuchen, einen Ring um Donezk ziehen und dann die einzelnen Hinterhalte der pro-russischen Separatisten anzugreifen», so Gysling.
Das Ziel der Führung in Kiew, mit der Belagerung von Donezk und Lugansk den Widerstand der Separatisten zu brechen, sei laut Einschätzung von SRF-Korrespondent Gysling kein leichtes Unterfangen: «In der Grossstadt Donezk dürfte die Armee auf grosse Schwierigkeiten stossen, gerade auch wegen den vielen Zivilisten, die dort wohnen.» In der Industriestadt leben rund eine Million Menschen.
Es wird zu Gefechten kommen, zu Verletzten und Toten, sagt Gysling. Auch der einflussreiche Oligarch Rinat Achmetow befürchtet Verluste unter der Bevölkerung. Ein Sturm der Armee auf die Millionenmetropole Donezk hätte «unsägliches Leid» zur Folge, meinte der 47-jährige Unternehmer.
Ob die Einwohner Donezks eine Befreiung durch die ukrainische Armee begrüssen, ist darum schwer abzuschätzen. «Krieg ist immer auch Informationskrieg», sagt Gysling. Aus den bisher befreiten Städten heisse es, dass die Einwohner froh seien. «Ein Teil der Bevölkerung wird aber immer noch die Anliegen der Separatisten befürworten.»
Aus für Verhandlungen bei Belagerung
Mit der Rückeroberung von Slawjanks habe die ukrainische Führung zumindest auf militärischer Ebene den von ihr beschworenen Wendepunkt erreicht. Eine friedliche Beilegung des Konflikts sei damit aber nach wie vor in weiter Ferne, denn: Die Aufständischen wollen bei einer Belagerung der Grossstädte Donezk und Lugansk durch die Armee keine Gespräche zur Beilegung der Krise mehr führen.
«Eine Blockade würde die Friedensbemühungen begraben», sagte der Separatistenführer Andrej Purgin am Montag in Donezk. Noch seien die militanten Gruppen zu einem Treffen unter der Vermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) bereit. Die Zeit für Verhandlungen etwa über eine Waffenruhe laufe aber ab, sagte Purgin.