Bosnien-Herzegowina soll mit einer Stimme sprechen: Das ist eine zentrale Bedingung der EU für einen Beitritt des Landes – und gleichzeitig das grösste Problem in dem Staat, der aus zwei Teilen besteht.
Über einen möglichen Beitritt Bosnien-Herzegowinas will Brüssel nur mit der Regierung und den anderen Institutionen des Gesamtstaates verhandeln – und nicht auch noch mit jenen des bosnisch-serbischen Teilstaates sowie der Föderation der Bosniaken und Kroaten. «Wir brauchen einen Verhandlungspartner mit einer Stimme, wenn wir weiterkommen wollen», heisst es aus Brüssel immer wieder.
Korruption unter Politikern
Doch die bosnischen Politiker kümmerten sich bisher kaum um den Gesamtstaat. Sie verstehen sich ausschliesslich als Vertreter ihrer Volksgruppe. Zudem droht die Regierung des bosnisch-serbischen Teilstaates regelmässig damit, sich abzuspalten, und widersetzt sich allen Bestrebungen, Kompetenzen an die Gesamtregierung in der Hauptstadt Sarajevo abzugeben. Hinzu kommt die Korruption in der Politik.
Bosnische Serben widersetzen sich
Trotz der Zerstrittenheit stellt Bosnien-Herzegowina heute in Brüssel das EU-Beitrittsgesuch. Bisher war das Land neben dem Kosovo das einzige des Westbalkans, das sich nicht offiziell für eine EU-Mitgliedschaft beworben hat. Für die Verhandlungen mit der EU hat die bosnische Gesamtregierung einen «Koordinationsmechanismus» ins Leben gerufen. Dies anstelle eines eigenen EU-Ministeriums oder EU-Departements, wie das andere Staaten der Region getan haben.
Aber nur schon der Koordinationsmechanismus – der kaum definiert ist – war für die Regierung der bosnischen Serben zu viel. Dieser Beschluss der Gesamtregierung sei für den bosnisch-serbischen Teilstaat bedeutungslos, teilte sie mit.
Dennoch besteht das Staatspräsidium des Gesamtstaates Bosnien-Herzegowina auf dem Gesuch für den EU-Beitritt. Die Vielstimmigkeit in dem Land lässt jedoch Fragen zur Glaubwürdigkeit dieses Gesuchs aufkommen.