Von Berlusconi über Hollywood-Stars bis zum Papst: Vejdí Rashidov hat sie alle getroffen. Er ist ein berühmter bulgarische Bildhauer. Und er ist nicht irgend ein Opfer der Korporativen Handelsbank KTB. Er war in der vorletzten Regierung Kulturminister und engagiert sich jetzt als Sprachrohr der Geschädigten.
«Die Bank hat mehr Zins geboten als die anderen, aber die Nationalbank hat nie Einwände gehabt», sagt Rashidov. Zudem habe der Staat viel Geld bei der Bank angelegt. Da könne man doch annehmen, dass das eine sichere Sache sei. Offensichtlich habe die Bankenaufsicht versagt. Und jetzt blieben Nationalbank und Politik völlig untätig. Er fühle sich erniedrigt und vom Staat verraten, klagt der Bildhauer.
Misstrauen wegen dem hohen Zins hat gefehlt
Im Büro des Politologen Krasen Stanchev tönt es anders. Bei einem Zins von acht und mehr Prozent hätte man misstrauisch werden müssen. Die Bank habe nach dem Prinzip einer Finanzpyramide gearbeitet. Sie habe immer mehr neue Gelder angeworben, und die Zinsen dann direkt aus den neuen Geldern bezahlt, und nicht – wie üblich – aus der Rendite der Einlagen.
«In diesem Fall wurden immer mehr Gelder des Staats hereingeholt», sagt Stanchev. Mit ihren engen Kontakten in die Politik habe die Bankführung die Ministerien und Staatsbetriebe richtig gehend dazu gedrängt, Kunden zu werden. So sei die KTB in wenigen Jahren zu einer der grössten Banken Bulgariens geworden.
An der Wirtschafts-Hochschule in Sofia lehrt Stojan Alexandrov Finanzwissenschaften. Wie der Bildhauer Rashidov hat auch er einen Teil seines Vermögens der KTB anvertraut. Er beruft sich auf die Zahlen, die die Nationalbank abgesegnet hat. Danach könne man nicht von einer Pyramide sprechen.
«Die KTB hat aber gegen die Regeln verstossen, indem sie Kredite vor allem an Firmen vergab, die mit den Eigentümern der Bank eng verbunden sind», sagt Alexandrov. Das heisst: Firmen, die den selben Leuten gehören wie die Bank, nahmen von der Bank Kredite auf und kauften damit immer mehr andere Unternehmen – insgesamt gehe es um etwa zehn Prozent der bulgarischen Wirtschaft, sagt Alexandrov.
Oligarchen drohen sich gegenseitig mit Mord
In diesem Geflecht rund um die KTB brach in den vergangenen Monaten ein Streit aus, der immer verrücktere Formen annahm und die Bank schlussendlich zum Einsturz brachte. Hauptfiguren des Dramas sind zwei der umstrittensten Oligarchen Bulgariens. Der Mehrheitsaktionär der KTB Cvetan Vasilev, der anfing politische Ambitionen zu entwickeln, und der Medien-Mogul, Deljan Peevski, der bereits in der Politik sitzt.
«Peevski hat einfach mit verschiedenen Mitteln Vasilevs Bank gezielt geschädigt», sagt Alexandrov. In seinen Medien habe Peevski Informationen über Unregelmässigkeiten bei der KTB verbreitet und dann grosse Summen von der Bank abgezogen. Schliesslich behauptete Peevski, Vasilev habe ihm mit Mord gedroht. Und Peevski behauptete dasselbe von Vasilev.
Dieses explosive Gemisch führte zum Run auf die KTB und die Nationalbank. Die liess die Bank im Juni schliessen und unter Aufsicht stellen. Seither schweigen Bankenaufsicht und Nationalbank – sie informieren nicht über die tatsächliche Lage der Bank und sagen nicht, wie teuer eine allfällige Rettung wäre. Niemand weiss, ob Bulgarien sich diese überhaupt leisten könnte und was genau wirtschaftlich für das Land auf dem Spiel steht.
Hauptaktionär hat sich ins Ausland abgesetzt
Bildhauer Rashidov ist überzeugt: Die Bank muss gerettet und der Fall juristisch aufgeklärt werden. Denn es gehe um Grundsätzliches. «Bulgarien hat jetzt eine Chance, den Staat von den Oligarchen zurückzugewinnen», sagt Rashidov. Er hat aber Zweifel, dass die Schuldigen für das Debakel zur Rechenschaft gezogen werden: Peevski soll bei der Staatsanwatschaft viel Einfluss haben, heisst es. Und Vasilev hat sich nach Serbien abgesetzt.
«Wir wissen alle, dass die Anwesenheit Vasilevs in Bulgarien nicht erwünscht ist. Wenn er auspackt, bricht hier die politische Klasse zusammen», sagt Rashidov. Die neue Regierung, die heute gewählt wird, steht vor einer sehr heiklen Aufgabe.