Der bulgarische Ministerpräsident Boiko Borissow hat den Rücktritt seiner Regierung eingereicht. «Wir haben Würde und Ehre. Es ist das Volk, das uns an die Macht brachte, und wir geben sie ihm heute zurück», erklärte Borissow. Zugleich stellte er klar, nicht für eine Übergangsregierung zur Verfügung zu stehen.
Er wolle nicht Teil einer Regierung sein, unter der die Polizei die Bevölkerung schlägt, so Borissow. Er wolle keine Schlägereien oder blutende Menschen – weder Demonstranten noch Polizisten – sehen. Jeder Tropfen Blut sei ein Fleck auf seiner persönlichen Ehre und jener seiner Partei, so Borissow. Dies könne er nicht erlauben.
Borissow begründete seinen Schritt mit den landesweiten Protesten gegen hohe Strompreise sowie den Ausschreitungen im Lande. Zehntausende Demonstranten sowie die Opposition im Parlament hatten seit Sonntag den Rücktritt der bürgerlichen Regierung gefordert.
Bei Protesten in der Hauptstadt Sofia war es am Dienstagabend erneut zu schweren Ausschreitungen gekommen. Mehrere Menschen wurden verletzt, die Polizei nahm Demonstranten fest, die Rauchbomben, Knallkörper und leere Flaschen auf die Sicherheitskräfte warfen.
Ein junger Mann zündete sich vor dem Rathaus von Warna im Osten Bulgariens im Zuge der Proteste an. Er wurde mit lebensgefährlichen Verbrennungen in ein Spital gebracht.
Vorgezogene Wahlen möglich
Borissow hatte sein Amt im Juli 2009 mit den Versprechen übernommen, das ärmste EU-Land zu modernisieren und die Korruption wirksamer zu bekämpfen. Bulgarien ist das ärmste Land der Europäischen Union.
Die regulären Parlamentswahlen wären im Juli. Nun ist von vorgezogenen Wahlen Ende April die Rede. Über die Zusammensetzung der Interimsregierung gab es zunächst keine Angaben.