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International Causa Böhmermann: «Merkels Entscheid offenbart Abhängigkeiten»

Kanzlerin Angela Merkel hat strafrechtliche Ermittlungen gegen den ZDF-Satiriker Jan Böhmermann zugelassen – wegen Beleidigung des türkischen Staatspräsidenten Erdogan. Die Kanzlerin sei politisch eingeknickt, sagt SRF-Korrespondent Adrian Arnold.

Die deutsche Regierung hat ein Ermittlungsverfahren gegen den ZDF-Satiriker Jan Böhmermann wegen Beleidigung des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan zugelassen.

Kanzlerin Angela Merkel pochte in ihrer Erklärung aber zugleich auf das Grundrecht der Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit – und forderte dies auch von der Türkei ein. «Im Rechtsstaat ist die Justiz unabhängig. (...) In ihm gilt die Unschuldsvermutung.» Nicht die Regierung, sondern Staatsanwaltschaften und Gerichte hätten das letzte Wort.

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«Politisch ist Merkel vor Erdogan eingeknickt»
Aus Tagesschau vom 15.04.2016.
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Merkels verpasste Chance

Rein rechtsstaatlich habe Merkel korrekt gehandelt, sagt auch SRF-Deutschlandkorrespondent Adrian Arnold. Es sei in der Tat nicht die Aufgabe einer Regierung, zu bewerten, ob ein Gedicht beleidigend ist oder nicht.

Dennoch habe die Kanzlerin es verpasst, ein Signal auszusenden, «dass in Deutschland das Grundrecht der Pressefreiheit über dem ‹Beleidigtsein› eines autokratisch regierenden Staatspräsidenten steht.»

Merkels Entscheid offenbare die Abhängigkeiten von der Türkei und Erdogan in der Flüchtlingskrise. «Politisch ist sie vor Erdogan eingeknickt», so Arnold.

Mahnfinger in Richtung Türkei

Merkel begründete den Entscheid auch damit, dass Deutschland der Türkei eng und freundschaftlich verbunden sei. Die Kanzlerin wies jedoch mit deutlichen Worten darauf hin, dass man auch in Zukunft kritisch auf die Türkei blicken werde.

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«Erdogan wird die Geschichte innenpolitisch ausschlachten»
Aus Tagesschau vom 15.04.2016.
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Ruth Bossart, SRF-Korrespondentin in der Türkei, glaubt, dass Staatspräsident Erdogan die Geschichte vor allem innenpolitisch ausschlachten wird: «Er wird sich als starker Mann präsentieren: Als einer, der dem wichtigsten EU-Land sagen kann, was geht und was nicht.»

Wenig überraschend begrüsst Erdogans Regierungspartei AKP den Beschluss der Bundesregierung. «Diese Entscheidung ist zweifellos eine richtige Entscheidung», sagte AKP-Sprecher Ömer Celik nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu.

Kanzlerin überstimmt SPD-Minister

Einigkeit zur Causa herrscht in der deutschen Regierung nicht. Die beiden SPD-Minister Frank-Walter Steinmeier und Heiko Maas kritisierten Merkels Entscheidung als falsch. Ihre Ressorts hätten «nach sorgfältiger Abwägung» gegen die Erteilung der Ermächtigung gestimmt.

«Wegen Stimmengleichheit entschied die Stimme der Kanzlerin», sagte Aussenminister Steinmeier. Neben dem Kanzleramt war von Seiten der CDU noch Innenminister Thomas de Maizière an der Entscheidung beteiligt.

Umstrittener Paragraph wird abgeschafft

Die türkische Regierung hatte ein Strafverfahren nach Paragraf 103 des deutschen Strafgesetzes gegen Böhmermann gefordert. Der Satiriker habe in einem Schmähgedicht Erdogan beleidigt.

Dem Gesetz zufolge muss die Bundesregierung in einem solchen Fall eine Ermächtigung erteilen, damit die Staatsanwaltschaft ein Verfahren einleiten kann. Merkel sagte, dieser Paragraph sei in Zukunft entbehrlich. Ein Gesetz zur Abschaffung solle noch in dieser Wahlperiode verabschiedet werden und im Jahr 2018 in Kraft treten.

Erdogan hat zudem auch nach Paragraf 185 des Strafgesetzbuches Klage wegen Beleidigung eingereicht. Dem muss die Staatsanwaltschaft Mainz nachgehen.

Schmähgedicht gegen Erdogan

Ursache der Affäre war ein Gedicht über Präsident Erdogan, welches Jan Böhmermann Ende März in seiner satirischen TV-Show «Neo Magazin Royale» vorgetragen hatte. Das Gedicht enthielt zahlreiche Formulierungen, die unter die Gürtellinie zielen. Dies sorgte in der Türkei für grosse Empörung. Erdogans Anwalt Michael-Hubertus von Sprenger hatte angekündigt, notfalls durch alle Instanzen zu gehen, damit Böhmermann bestraft werde. Dazu muss die Staatsanwaltschaft allerdings Klage erheben und ein Gericht einen Prozess zulassen.

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